Eine
Tätigkeit als Influencer im Internet beginnt meist als Hobby, doch schnell kann sich Erfolg einstellen, der sich in Werbe- und anderen Einnahmen auszahlt. Wenn die ersten Euros fließen, sollte man sich dringend
über Steuerpflichten informieren – das gilt auch schon für Minderjährige. Wer das versäumt, muss nicht nur mit hohen Steuernachzahlungen, sondern auch mit Strafzahlungen und unter Umständen mit einer Anklage rechnen.
Abgrenzung zwischen freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten
Da ein Influencer in der Regel nicht angestellt ist, gilt er als
Selbstständiger. Als Erstes sollte eine Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten vorgenommen werden. Denn davon hängt ab, ob ein Influencer ein
Gewerbe anmelden und
Gewerbesteuer zahlen muss (siehe nächsten Abschnitt). Was als
freiberufliche Tätigkeit zählt, ist in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) definiert; unter anderem gehören journalistische, künstlerische und unterrichtende Tätigkeiten dazu.
Manche Blogs dürften als journalistisch eingestuft werden und wer aus seinen Influencer-Videos eine künstlerische Performance macht, könnte als Freiberufler angesehen werden. Wer in seinen Videos ausschließlich Unterrichtsthemen gut aufbereitet, hat womöglich Chancen, als Unterrichtender durchzugehen. Im Zweifelsfall sollte die Frage mit einem Steuerberater oder direkt mit dem zuständigen Finanzamt geklärt werden. In den weit überwiegenden Fällen ist die Tätigkeit von Influencern und Bloggern als gewerblich einzustufen, weil sie sich etwa über
Werbung und Affiliate-Links finanzieren.
Wann Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer fällig werden
Einkommensteuer muss jeder zahlen, ob angestellt oder selbstständig. Allerdings gibt es einen Grundfreibetrag, der einkommensteuerfrei bleibt (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG). Der Grundfreibetrag beläuft sich für 2023 auf 10.908 €, für 2024 auf 11.604 € (geplant). Wer nach dem Abzug von Sonderausgaben, Vorsorgebeiträgen und anderen abzugsfähigen Kosten über dem Freibetrag liegt, muss Einkommensteuer zahlen und nach § 56 EStDV (Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) auch eine
Einkommensteuererklärung abgeben.
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Wenn der Influencer zusätzlich noch einen Job als Angestellter hat, und sei es als Minijobber, kann sich nach § 46 EStG auch vor dem Erreichen der Grenze des Grundfreibetrags eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung ergeben. Der Grundfreibetrag gilt für alle Einkünfte zusammengenommen. Nur wenn ein Angestellter im Nebenjob Influencer ist und die Einkünfte aus dieser Tätigkeit
nicht höher als 410 € pro Jahr sind, dann muss der Gewinn aus der Nebentätigkeit
nicht versteuert werden (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG).
Als Selbstständige haben Influencer grundsätzlich auch
Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen und ans Finanzamt abzuführen. Allerdings kommt für Influencer, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen und keine großen Umsätze erzielen, die Steuerregelung für
Kleinunternehmer nach § 19 UStG (Umsatzsteuergesetz) in Betracht: Wenn der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 22.000 € und im folgenden Jahr nicht höher als 50.000 € sein wird, dann kann der Steuerpflichtige auf die Erhebung der Umsatzsteuer bei seinen (Werbe-)Kunden verzichten.
Als Kleinunternehmer nach § 19 UStG kann der Influencer jedoch
keine Vorsteuer ziehen. Er kann also beim Einkauf seiner Ausstattung (Rechner, Kameras, Mikros) die im Kaufpreis enthaltene Umsatz-/Mehrwertsteuer nicht abziehen. Gerade, wenn bei der Aufnahme der Tätigkeit viele Anschaffungen zu stemmen sind, kann es lukrativer sein, nach § 19 Abs. 2 auf die
Kleinunternehmerregelung zu verzichten, um die Vorsteuer geltend machen zu können.
Ist die Tätigkeit als gewerblich einzustufen (siehe vorigen Abschnitt), dann muss der Influencer sein
Gewerbe nach § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO (Gewerbeordnung) bei der zuständigen Behörde seiner Kommune (Gewerbeamt oder Ordnungsamt)
anmelden.
Gewerbesteuer wird allerdings erst fällig, wenn der
Freibetrag von 24.500 € für den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG – Gewerbesteuergesetz) überschritten wird. Und auch dann kann die gezahlte Gewerbesteuer nach § 35 EStG bis zu einer bestimmten Höhe auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Erst wenn der kommunale Hebesatz mehr als 422 % beträgt, wird der Selbstständige nicht mehr vollständig von der Gewerbesteuer entlastet.
Wichtige Aspekte der Buchhaltung
Wenn die Influencertätigkeit zu überschaubaren Einnahmen führt, dann genügt zur Ermittlung der Einkommensteuer die
Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG. Grundsätzlich ist nach § 238 Abs. 1 i. V. m. § 1 HGB (Handelsgesetzbuch) jeder Gewerbebetrieb zu einer
ordnungsgemäßen Buchführung verpflichtet; dazu zählt auch die Aufstellung einer Bilanz am Ende des Geschäftsjahres.
Eine Ausnahme gilt nach § 1 Abs. 2 HGB, wenn „das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“. Wenn keine Angestellten vorhanden sind und die Büroorganisation überschaubar ist, werden sich Influencer darauf berufen können und die
EÜR nutzen können. Allerdings gibt es im Steuerrecht zwei Obergrenzen, die beachtet werden müssen: Wenn der Jahresumsatz höher als 600.000 € liegt (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 AO – Abgabenordnung) oder wenn der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb 60.000 € übersteigt (§ 141 Abs. 1 Nr. 4 AO), dann sind Influencer als Gewerbetreibende zur Buchführung nach § 4 Abs. 1 EStG verpflichtet.
Auch wenn noch nicht klar ist, ob ein Gewerbe vorliegt oder nicht, ob eine
Buchführungspflicht vorliegt oder nicht, gilt von Anfang an und mit großer Dringlichkeit: Jeder Vorgang, der mit der Influencertätigkeit zu tun hat, ist zu dokumentieren: also alle Anschaffungen, alle Rechnungen oder Gutschriften, aber auch Waren und Dienstleistungen, die der Influencer von Firmen erhalten hat. Wer später zu allen Vorgängen Nachweise vorlegen kann, hat bei einer Prüfung durch das Finanzamt bessere Karten.
Korrekte Buchung von Sacheinnahmen
Für Influencer gelten bei der Buchführung natürlich dieselben Regeln wie für alle Selbstständigen und Unternehmer. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied: Influencer bekommen sehr oft
Sachleistungen, seien es Produkte, die sie ausprobieren oder testen sollen, seien es Dienstleistungen wie Reisen oder Einladungen zu Veranstaltungen. Vielen Newcomern ist nicht klar, dass auch solche Zuwendungen als Einnahmen zählen. Unter Umständen kann ein Influencer steuerpflichtig werden, ohne dass er einen einzigen Euro eingenommen hat.
Geschenke oder Sachzuwendungen sind gemäß § 6 Abs. 4 EStG Einnahmen. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt: „Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.“ Die „üblichen Preisnachlässe“ sind meist nicht einfach zu ermitteln, deshalb wird oft die Regelung in § 8 Abs. 3 EStG, nämlich eine Kürzung des Endpreises um 4 %, übernommen. Der Wert einer geschenkten Ware oder eines gewährten Vorteils kann in entsprechenden Internetportalen ermittelt oder beim zuwendenden Unternehmen erfragt werden.
In drei Fällen entfällt die Versteuerung als Einnahme:
- Der Herstellungs- oder Anschaffungswert einer Sachzuwendung beträgt nicht mehr als 10 €. Dann gilt das Geschenk dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 19.05.2015 zufolge als Streuwerbeartikel und muss nicht versteuert werden.
- Der Schenkende hat die Sachzuwendung nach § 37b Abs. 1 EStG pauschal mit 30 % versteuert. Dann muss der Empfänger keine Einkommen- und Gewerbesteuer bezahlen, sofern der Wert aller Zuwendungen im Kalenderjahr 10.000 € nicht übersteigt. Die Pauschalversteuerung sollte sich der Influencer als Empfänger schriftlich bestätigen lassen. Gegebenenfalls fällt die Umsatzsteuer an.
- Wenn die Ware nach dem Test an das Unternehmen, das sie zur Verfügung gestellt hat, zurückgegeben wird, dann handelt es sich ebenfalls nicht um eine steuerpflichtige Einnahme. Dasselbe gilt, wenn die Ware im Zuge des Tests beispielsweise für eine Untersuchung der Materialien aufgeschnitten wird und somit nicht mehr zu gebrauchen ist, oder wenn die intakte Ware unter den Followern verlost wird.
Da die
zugewendete Ware bedeutsam für die betriebliche Tätigkeit des Influencers ist, könnte zur Sacheinnahme eine Gegenbuchung als Betriebsausgabe in gleicher Höhe vorgenommen werden; die Einnahme wäre dann gewinnneutral. Allerdings sollte mit einem Steuerberater abgeklärt werden, auf welche Arten von Sachzuwendungen das zutrifft.
Bei
geschenkten Reisen, die vom Influencer zumindest teilweise auch privat genutzt werden (z. B. in Begleitung der Familie), könnte das Finanzamt die Anerkennung als Betriebsausgabe verweigern. Hier gelten zwei Grundsätze: Geschäftliches und Privates möglichst strikt voneinander trennen und alle Zuwendungen so detailliert wie möglich dokumentieren. Getestete Waren, z. B. Schuhe, die ein Influencer später privat nutzt, sind als Privatentnahme – gegebenenfalls mit Abschlägen vom Neuwert wegen der Abnutzung durch das Testen – zu verbuchen.
Was als Betriebsausgaben abgesetzt werden kann
Grundsätzlich können Influencer – wie andere Unternehmer auch – alle
Ausgaben absetzen, die betrieblich bedingt sind, also der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit dienen. Das sind etwa die technische Ausstattung und deren Reparatur, Kosten für Räume oder das häusliche Arbeitszimmer, Telekommunikationskosten, Reise- und Übernachtungskosten einschließlich
Verpflegungsmehraufwand, Kosten für Büromaterial und sonstige Arbeitsmittel, Software, Fachliteratur, Werbung, Kosten für Versicherungen, Steuerberater und Kontoführung und einiges mehr.
Bei Influencern kommen natürlich noch Kosten für die Produktion der Videos hinzu, Kosten für eine Domain und fürs Hosting. Für all dies müssen Belege gesammelt und so geordnet werden, dass sie schnell zu finden sind. Die Belege müssen auch nach der Steuererklärung zehn Jahre lang aufbewahrt werden.
Anmeldung des Gewerbebetriebs oder einer freiberuflichen Tätigkeit
Die Einrichtung eines Gewerbebetriebs muss nach § 138 Abs. 1 AO nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck der entsprechenden Gemeinde
angemeldet werden. Den Inhalt der Mitteilung gibt die Gemeinde an das zuständige Finanzamt weiter. Das Finanzamt stößt dann die steuerliche Erfassung des Steuerpflichtigen per Fragebogen an, um anschließend eine Steuernummer zu vergeben. Gemäß § 138 Abs. 4 AO muss der Steuerpflichtige, in diesem Fall der Influencer, innerhalb eines Monats nach Aufnahme des Betriebs den Fragebogen und eventuell weitere Auskünfte erteilen. Auch wenn in der Gründungsphase viel zu tun ist, sollte dies auf keinen Fall vernachlässigt werden.
Ein
Freiberufler muss kein Gewerbe anmelden, deshalb entfällt die Anmeldung bei der Gemeinde. Er muss die Aufnahme seiner Tätigkeit jedoch dem zuständigen Finanzamt melden (§ 138 Abs. 1 Satz 1 AO). Seit Anfang 2021 ist eine solche Mitteilung – ebenso wie die Gewerbeanmeldung – grundsätzlich über
www.elster.de auf elektronischem Weg vorzunehmen (§ 138 Abs. 1b Satz 2 AO), was Influencern entgegenkommen dürfte.
Folgen der Nichtbeachtung der Steuer- und Buchhaltungspflichten
Für Finanzbehörden haben Influencer und Blogger den Vorteil, dass ihr Arbeitsergebnis für jeden öffentlich zugänglich ist. So können sie Informationen aus dem Internet mit den Angaben in Steuererklärungen abgleichen oder Steuerpflichtige ausfindig machen, die keine Steuererklärung abgegeben haben. Außerdem können Finanzbeamte unter Rückgriff auf die
Auskunftspflicht nach § 93 AO an Geschäftspartner des Influencers oder Bloggers herantreten und Auskünfte über die Geschäftsbeziehung verlangen.
Eine Nichtbeachtung der Pflichten führt in der Regel zu hohen
Steuernachzahlungen zuzüglich Zinsen. Fehlende Dokumente helfen dem Steuerpflichtigen nicht, da Finanzbeamte Umsatzschätzungen vornehmen dürfen, was selten zugunsten des Steuerpflichtigen ausgeht. Wenn die Finanzbehörde in dem Vorgang eine Steuerordnungswidrigkeit oder -hinterziehung sieht, dann können hohe Bußgelder mit Überziehungszinsen verhängt werden, in schweren Fällen drohen sogar Freiheitsstrafen. Angesichts dessen sollten Buchhaltung und Steuern von Influencern und Bloggern nicht unterschätzt werden.
letzte Änderung S.P.
am 06.12.2023
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Simsek YAYMicro
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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