Korrektes Buchen von erhaltenen und geleisteten Anzahlungen

Stefan Parsch
Bei einem Auftrag geht der Produzent oder Dienstleister in der Regel in Vorleistung: Er hat Ausgaben für Roh- und Hilfsstoffe und die aufgewendete Arbeitszeit, bevor er den Kaufpreis oder ein Honorar erhält. Um diese Leistungen nicht allein zu stemmen, kann er mit dem Kunden eine Anzahlung vereinbaren. Diese muss jedoch korrekt verbucht werden, was nach Handelsrecht und Steuerrecht unterschiedlich zu erfolgen hat.
Das Wichtigste in Kürze
  • Anzahlungen sind Teilzahlungen, bevor eine Leistung erbracht wurde.
  • Der Vorsteuerabzug für eine Anzahlung setzt eine Anzahlungsrechnung voraus.
  • Anzahlungen werden in der Handelsbilanz nach der Nettomethode gebucht, im Steuerrecht gilt die Bruttomethode.
  • Anzahlungen unterliegen immer der Ist-Besteuerung.


Grundlegendes zu Anzahlungen

Die Anzahlung gehört zu den Teilzahlungen, ebenso wie die Abschlagszahlung. Die Anzahlung erfolgt jedoch, wenn die Leistung des Auftragnehmers noch nicht erbracht wurde. Eine Abschlagszahlung wird hingegen für eine bereits erbrachte Teilleistung in Rechnung gestellt. Zu unterscheiden ist eine Anzahlung auch von einer Vorauszahlung, auch Vorkasse genannt: In diesem Fall wird der komplette Rechnungsbetrag im Vorhinein fällig, während es bei der Anzahlung nur ein prozentualer Anteil des Gesamtbetrages ist.

Wenn Auftragnehmer und Auftraggeber oder Verkäufer und Kunde eine Anzahlung vereinbaren, kann es verschiedene Gründe dafür geben:
  • Bei einem Neukunden ist noch kein Vertrauensverhältnis zwischen den Handelspartnern vorhanden. Der Auftragnehmer oder Verkäufer weiß noch nicht, ob der Kunde die erbrachte Leistung am Ende auch bezahlt und möchte sein eigenes Risiko verringern, wenn er in Vorleistung geht (z. B. beim Online-Verkäufer: wenn er die Ware schickt).
  • Der Auftrag ist sehr umfangreich, so dass der Auftraggeber eine hohe Vorleistung erbringen muss, etwa bei einer Spezialanfertigung.
  • Die Leistungserbringung erfolgt erheblich später als die Beauftragung, was häufig bei Pauschalreisen der Fall ist. Aber auch Handwerker- oder Dienstleistungen können viele Monate im Voraus gebucht werden.
  • Der Auftrag erstreckt sich über einen längeren Zeitraum, wie es etwa bei Bauprojekten der Fall ist. Hier werden Teilleistungen jedoch häufig über Abschlagszahlungen abgegolten.

Teilleistungen und damit auch Teilzahlungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich nicht vorgesehen (§ 266 BGB). Allerdings können Teilzahlungen, im Gesetz als "Draufgabe" bezeichnet, individuell vertraglich zwischen den Handelspartnern vereinbart werden (§ 336 BGB). Die Teilzahlung ist auf die Gesamtleistung anzurechnen (§ 337 Abs. 1 BGB) und ist zurückzuzahlen werden, wenn der Vertrag aufgehoben wird (§ 337 Abs. 2 BGB).

Im Handelsrecht wiederum werden Anzahlungen in der Gliederung der Bilanz sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite ausdrücklich genannt (§ 266 HGB – Handelsgesetzbuch). Steuerrechtliche Regelungen werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.


Bei Anzahlungsrechnungen zu beachten

Wenn eine Privatperson beispielsweise in einem Geschäft eine Anzahlung auf ein später zulieferndes Produkt leistet, ist in der Regel keine Rechnung notwendig, nur eine Quittung des Verkäufers über den Erhalt der Anzahlung. Bei gewerblichen Kunden ist dies anders: Sofern sie nicht die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG (Umsatzsteuergesetz) in Anspruch nehmen und von der Umsatzsatzsteuer befreit sind, können sie die in der Anzahlungsrechnung aufgeführte Mehrwert-/Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Dafür brauchen sie eine solche Rechnung.

Eine Anzahlungsrechnung ist im Grunde eine gewöhnliche Rechnung, die die Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG enthalten muss. Allerdings muss klar vermerkt sein, dass es sich um eine Anzahlungsrechnung handelt. Außerdem kann der Zeitraum, in dem die Leistung erbracht worden ist, nicht angegeben werden; wenn dieser Zeitraum bereits konkret zwischen den Handelspartnern vereinbart worden ist, kann er als voraussichtlicher Zeitraum der Leistungserbringung genannt werden.

Bei der Schlussrechnung ist dann zu beachten, dass der Betrag der Anzahlung vom Gesamtbetrag der Rechnung abgezogen wird und dass der zu zahlende Restbetrag genannt wird. Wichtig ist, dass auch der Umsatzsteuerbetrag aus der Anzahlungsrechnung abgezogen wird. Denn ist dies nicht der Fall und wird in der Rechnung die Umsatzsteuer für den Gesamtbetrag angegeben, dann zahlt der Rechnungsersteller zu viel Umsatzsteuer: für den Gesamtbetrag und noch einmal für die Anzahlung.

Zwar kann die Rechnung korrigiert werden, doch den Aufwand kann man sich auch sparen. Wenn der Fehler erst bei einer Außenprüfung (Betriebsprüfung) festgestellt wird, kann die Erstellung einer berichtigten Rechnung zu Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO (Abgabenordnung) führen.

Buchen erhaltener Anzahlungen in vier Schritten

Der Spezialmaschinenhersteller Wawuma erhält einen Auftrag für eine 70.000 € netto teure Produktionsmaschine. Mit seinem Kunden vereinbart der Vertriebsleiter von Wawuma eine Anzahlung von 30.000 € netto. Nach der Vertragsunterzeichnung stellt Wawuma dem Kunden eine entsprechende Rechnung und weist dabei selbstverständlich die Umsatzsteuer aus. Drei Monate später liefert Wawuma die Maschine aus und stellt die Schlussrechnung. Diesen Vorgang muss die Wawuma-Buchhaltung in vier Schritten buchen (Nettomethode, siehe unten):

Nachdem die Anzahlung auf dem Bankkonto eingegangen ist, besteht eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden. Deshalb bucht die Buchhalterin nach dem Buchungssatz:

Bank 35.700 € an Erhaltene Anzahlungen 30.000 €
    an Umsatzsteuer 19 % 5.700 €
   
Sobald die Schlussrechnung an den Kunden verschickt wurde, wird die gesamte Forderung gebucht:

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (aLL) 83.300 € an Erlöse 70.000 €
    an Umsatzsteuer 19 % 13.300 €

Gleichzeitig hat die Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden keinen Bestand mehr, denn die Leistung ist vollständig erbracht. Dementsprechend ist der entsprechende Buchungsposten aufzulösen und die Buchhalterin bucht:

Erhaltene Anzahlungen 30.000 €      
Umsatzsteuer 19 % 5.700 € an Forderungen aLL (Debitor) 35.700 €

Wenn der Kunde die Restsumme (Gesamtforderung minus Anzahlung) an das Wawuma-Firmenkonto überwiesen hat, kann die Buchhalterin folgenden Buchungssatz anwenden:

Bank 47.600 € an Forderungen aLL (Debitor) 47.600 €

Zusammengenommen entsprechen die Bruttoanzahlung (35.700 €) und die Bruttorestsumme (47.600 €) der Bruttogesamtsumme von 83.300 €. Alternativ kann mit den Nettosummen gerechnet und die Umsatzsteuer anschließend draufgeschlagen werden; das Ergebnis ist dasselbe.

Wer den ersten Buchungsschritt aufmerksam gelesen hat, hat es vielleicht schon bemerkt: Die Buchung der Anzahlung wird nicht vorgenommen, wenn die Anzahlungsrechnung verschickt wurde, sondern erst, wenn die Anzahlung auf dem Firmenkonto eingegangen ist. Viele Unternehmen unterliegen der Sollbesteuerung: Die Umsatzsteuer entsteht, sobald dem Kunden die erbrachte Leistung in Rechnung gestellt wird. Selbst wenn der Kunde sich mit der Zahlung Zeit lässt, muss das Unternehmen die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung ans Finanzamt abführen. Bei der Anzahlung gilt hingegen die Ist-Besteuerung: Erst mit der Überweisung des Anzahlungsbetrags wird die Umsatzsteuer fällig (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG).

In größeren Unternehmen, die Standard-Kontenrahmen (SKR) verwenden, kann das Konto "Erhaltene Anzahlungen" noch weiter differenziert werden, nämlich nach dem Umsatzsteuersatz (19 % oder 7 %) und nach der Restlaufzeit des Auftrags (bis ein Jahr, ein bis fünf Jahre, über fünf Jahre). Die Konten heißen dann beispielsweise "Erhaltene, versteuerte Anzahlungen 19 % USt" oder "Erhaltene Anzahlungen – Restlaufzeit bis ein Jahr".

Umsatzsteuerbuchung nach Netto- und Bruttomethode

Das Buchen einer erhaltenen Anzahlung ist oben in der Nettomethode dargestellt. Das ist die im Handelsrecht vorgesehene Methode. Im Steuerrecht ist allerdings zwingend nach der Bruttomethode vorzugehen: Dann muss beim ersten Buchungsschritt auf der Aktivseite ein Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) eingebucht werden (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG – Einkommensteuergesetz). Der erste Buchungsschritt lautet dann wie folgt:

Bank an Erhaltene Anzahlungen
Als Aufwand berücksichtigte USt auf Anzahlungen (RAP) an Umsatzsteuer 19 %

Entsprechend ist bei der Bruttomethode auch der dritte Buchungsschritt anders auszuführen:

Erhaltene Anzahlungen an &Forderungen aLL (Debitor)
Umsatzsteuer 19 % an Als Aufwand berücksichtigte USt auf Anzahlungen (RAP)


Buchen geleisteter Anzahlungen in vier Schritten

Der Spezialmaschinenhersteller Wawuma kauft für seine Fertigung einen größeren Posten Maschinenbauteile für 20.000 € netto. Mit dem Verkäufer vereinbart der Wawuma-Einkaufschef eine Anzahlung von 5.000 € netto, für die er nach wenigen Tagen eine Anzahlungsrechnung erhält. Nach einem Monat werden sämtliche Teile geliefert und die Firma Wawuma erhält die Schlussrechnung. Die Buchhalterin bucht auch diese Transaktion in vier Schritten:
  1. Nach der Überweisung des Anzahlungsbetrags kommt dieser Buchungssatz zur Anwendung:

    Geleistete Anzahlungen 5.000 €      
    Vorsteuer 19 % 950 € an Bank 5.950 €

    Die geleistete Anzahlung ist eine Forderung.

  2. Wenn die Schlussrechnung des Verkäufers eingeht, wird diese zunächst einmal komplett gebucht:

    Wareneingang 20.000 €      
    Vorsteuer 19 % 3.800 € an Verbindlichkeiten (Kreditor) 23.800 €


  3. Zeitgleich ist die Forderung an den Verkäufer auszubuchen:

    Verbindlichkeiten (Kreditor) 5.950 € an Geleistete Anzahlungen 5.000 €
        an Vorsteuer 19 % &950 €


  4. Nachdem die Schlussrechnung beglichen ist, kann die Buchhalterin die Restzahlung buchen:

    Verbindlichkeiten (Kreditor) 17.850 € an Bank 17.850 €


Die bezahlte Vorsteuer einer Anzahlung kann bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht werden.

Buchen verlorener Anzahlungen

Eine selbst geleistete Anzahlung ist eine Forderung gegenüber einem Unternehmen. Wird dieses Unternehmen noch vor der Lieferung insolvent und ist es (nahezu) aussichtslos, die Anzahlung aus der Konkursmasse zurückzuerhalten, kann die Anzahlung als Werbungskosten oder als Betriebsausgabe nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG gebucht werden. Dies ist zwar gesetzlich nicht klar geregelt, entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Gebucht wird zu dem Zeitpunkt, zu dem deutlich wird, dass die Anzahlung ohne Gegenleistung bleiben wird.




letzte Änderung S.P. am 18.01.2023
Autor(en):  Stefan Parsch
Bild:  panthermedia.net / Wolfgang Zwanzger


Autor:in
Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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