1. Wertberichtigung und Abschreibung von Forderungen
Es kommt im Geschäftsleben immer wieder vor, dass
Rechnungen über gelieferte Waren oder erbrachte Dienstleistungen
nicht bezahlt werden. So kann es beispielsweise sein, dass ein Kunde weder die Zahlungsfrist einhält noch auf Mahnungen reagiert. Oder der Kunde bittet um Zahlungsaufschub, mitunter ist er auch insolvent. In solchen Fällen müssen die Forderungen des eigenen
Unternehmens im Wert berichtigt und bei definitivem Zahlungsausfall abgeschrieben werden.
1.1 Beurteilung von Forderungen nach dem Niederstwertprinzip
In den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen legt das
Handelsgesetzbuch (HGB) fest, dass bei der Aufstellung des
Jahresabschlusses die Vermögensgegenstände und die Schulden einzeln bewertet werden müssen (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Das betrifft auch die offenen Forderungen gegenüber Kunden, die zum
Umlaufvermögen einer Firma gezählt werden: Die Leistung ist erbracht und die Rechnung ist gestellt.
Der
Wert einer Forderung kann sich jedoch mit der Zeit ändern, auch wenn sie wirtschaftlich und juristisch betrachtet einwandfrei ist. Wenn ein Kunde nicht zahlungswillig oder -fähig ist, bleibt man unter Umständen auf den Forderungen sitzen. Dann verlangt jedoch das Vorsichtsprinzip des HGB, dass bei der
Bilanzierung alle
Risiken berücksichtigt werden.
Das
Vorsichtsprinzip schlägt sich im
Niederstwertprinzip nieder, das sich aus § 253 HGB ergibt. So heißt es in § 253 Abs. 4 HGB: "Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind
Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt." Aber auch andere Bewertungen als Börsen- oder Marktpreise sind zu berücksichtigen.
Um dies zu bewerkstelligen, werden
Forderungen allgemein in
drei Kategorien eingeteilt:
- Einwandfreie Forderungen
- Zweifelhafte Forderungen
- Uneinbringliche Forderungen
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1.2 Forderungen
1.2.1 Zweifelhafte Forderungen
Forderungen können aus verschiedenen Anlässen heraus
zweifelhaft werden, darunter:
-
Der Kunde zahlt nicht, trotz mehrfacher Mahnungen oder eines begonnenen Mahnverfahrens.
- Der Kunde hat Mängel reklamiert und es könnte sein, dass zumindest ein Teil der Forderung ausfällt.
- Der Kunde bittet um einen Zahlungsaufschub (Stundung), was ein Zeichen für dessen wirtschaftlich angespannte Lage ist und zu einem Zahlungsausfall führen kann.
- Der Kunde hat ein Insolvenzverfahren beantragt.
Noch vor Ablauf eines
Insolvenzverfahrens kann den Gläubigern eine Insolvenzquote bekanntgegeben werden, also der Prozentsatz von der ursprünglichen Forderung, der voraussichtlich aus der Vermögensmasse bezahlt werden kann. Manchmal wird auch die
Insolvenzausfallquote angegeben; sie ist das Gegenstück zur Insolvenzquote. Beträgt die Insolvenzquote 40 %, dann beträgt die Ausfallquote 60 %.
1.2.2 Uneinbringliche Forderungen
Uneinbringlich sind Forderungen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit
nicht beglichen werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn
-
eine Zwangsvollstreckung erfolglos war,
- das Insolvenzverfahren ohne (weitere) Auszahlung an die Gläubiger beendet worden ist oder
- die Forderung verjährt ist (siehe letzten Abschnitt).
Der
Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Urteilen deutlich gemacht, dass Forderungen auch schon früher als in den genannten klaren Situationen als uneinbringlich angesehen werden können. Das ist etwa der Fall, wenn eine (Teil-)Forderung auf absehbare Zeit nicht durchgesetzt werden kann. Dies gilt beispielsweise im Bauwesen, wenn der Auftraggeber einen Teil der vereinbarten Summe bis zum Ende der Gewährleistungsfrist von zwei bis fünf Jahren zurückhält (Sicherungseinbehalt), um damit eventuell auftretende Baumängel zu beseitigen (BFH-Urteil vom 24.10.2013, Az. V R 31/12). Abschnitt 17.1. Abs. 5 UStAE (Umsatzsteuer-Anwendungserlass) nennt weitere Fälle, in denen von einer Uneinbringlichkeit von Forderungen ausgegangen werden kann.
1.2.3 Einwandfreie Forderungen
Einwandfreie Forderungen geben auf den
ersten Blick wenig Anlass zur Sorge: Der Kunde war bisher zuverlässig oder als Neukunde macht er einen seriösen Eindruck. Man kann annehmen, dass der Kunde bis zur Fälligkeit bezahlt. Dennoch zeigt die Geschäftserfahrung, dass es ein gewisses Ausfallrisiko auch bei solchen Schuldnern besteht und dieses Risiko ist bei der Bilanzierung zu berücksichtigen.
2. Einzelwert- und Pauschalwertberichtigung (EWB und PWB)
Wie im ersten Abschnitt erwähnt, verlangt das HGB, dass
Vermögensgegenstände in der Bilanz einzeln zu bewerten sind. In der Bilanz, die Kapitalgesellschaften aufstellen müssen, kommen Wertberichtungen als eigene Bilanzposten seit 1986 nicht mehr vor.
Seitdem werden zweifelhafte Forderungen als offen, aber um den
Wertberichtigungsbetrag vermindert aufgeführt. Die im Folgenden beschriebenen Wertberichtigungen als indirekte Buchungen sind also nur bei Nichtkapitalgesellschaften in den Jahresabschluss aufzunehmen. Abgeschrieben werden Forderungen dabei erst, wenn sie uneinbringlich geworden sind. Die
EWB stellt also eine Vorstufe zur Abschreibung dar.
Nicht immer ist es sinnvoll oder möglich, den Einzelwert zu betrachten. Dann darf eine
PWB angewendet werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn einwandfreie Forderungen bewertet werden: Hier wird üblicherweise ein
Durchschnittswert aus den vergangenen drei bis fünf Jahren ermittelt, der den Prozentanteil der einwandfreien Forderungen, die dann doch ausgefallen sind, angibt.
Dieser
Delkrederesatz beträgt üblicherweise 1 % bis 3 %. Eine PWB von einwandfreien Forderungen bis zu einem Prozent im Jahresabschluss akzeptiert die Finanzverwaltung ohne Nachweis, höhere Berichtigungen müssen durch entsprechende Unterlagen belegt werden (u. a. Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 13. Juni 1995).
Nicht in die PWB einzubeziehen sind Forderungen, die bereits
einzelwertberichtigt sind, die gegen Zahlungsausfall versichert sind und bei denen Aufrechnungsmöglichkeiten mit eigenen Schulden bestehen. Außerdem sind PWB, ebenso wie EWB, an den
Nettoforderungen vorzunehmen, also den Beträgen ohne Umsatzsteuer. Denn eine Änderung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer liegt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (Umsatzsteuergesetz) erst vor, wenn eine Forderung uneinbringlich geworden ist.
Eine Ausnahme gibt es für
Kreditinstitute: Sie dürfen nach § 340f HGB im Rahmen der Vorsorge für allgemeine Bankrisiken pauschal einen niedrigeren Wert ihrer Forderungen ansetzen als nach § 253 HGB für alle Unternehmen vorgesehen. Mehr als 4 % dürfen es aber auch hier nicht sein (§ 340f Abs. 1 Satz 2 HGB).
3. Buchung von Einzelwert- und Pauschalwertberichtigungen
3.1 Einzelwertberichtigung
Ausgangspunkt ist stets die
Buchung einer
Forderung aus Lieferungen und Leistungen (im Folgenden auf "Forderungen" verkürzt); der Buchungssatz lautet:
Forderungen
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an
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Erträge
|
|
an
|
Umsatzsteuer
|
Sollte aus einer einwandfreien Forderung eine zweifelhafte werden, wird wie folgt gebucht:
zweifelhafte Forderung
|
an
|
Forderung
|
Einstellungen in EWB
|
an
|
EWB auf Forderungen
|
Diese Buchung kann auch mit
Teilbeträgen einer Forderung durchgeführt werden. Wenn Kunde A zwar Insolvenz angemeldet hat, aber eine gute Chance besteht, 80 % der Forderung zu erhalten, dann werden nur 20 % der Forderungssumme auf diese Weise gebucht – und zwar der Nettoforderungssumme, denn die Umsatzsteuer bleibt hier außen vor.
Wenn zu einer zweifelhaften Forderung ein
Geldbetrag auf dem Bankkonto eingeht, sind drei Fälle zu unterscheiden:
-
Die eingegangene Summe entspricht genau derjenigen, die als "zweifelhafte Forderungen" gebucht worden ist.
- Die eingegangene Summe ist höher als diejenige, die als "zweifelhafte Forderungen" gebucht worden ist.
- Die eingegangene Summe ist niedriger als diejenige, die als "zweifelhafte Forderungen" gebucht worden ist.
In
Fall 1 wird lediglich gebucht:
EWB von Forderungen
|
an
|
zweifelhafte Forderungen
|
Aus dem
Fall 2 ergeben sich
zwei Buchungssätze:
Abschreibung auf Forderungen Umsatzsteuer
|
an
|
zweifelhafte Forderungen
|
EWB auf Forderungen
|
an
|
Abschreibung auf Forderungen
|
Bei der Buchung zu
Fall 3 wird der
Wertberichtigungsbetrag aufgeteilt in die Höhe des Forderungsausfalls (an zweifelhafte Forderungen) und die Differenz zum Gesamtbetrag. Der Buchungssatz lautet:
EWB auf Forderungen
|
an
|
zweifelhafte Forderungen
|
|
an
|
Erträge aus Auflösung von EWB
|
3.2 Pauschalwertberichtigung
Wenn der
Delkrederesatz (üblicherweise 1 % bis 3 %) für die einwandfreien Forderungen ermittelt wurde oder feststeht, kann wie folgt gebucht werden.
Einstellungen in PWB
|
an
|
PWB auf Forderungen
|
Bei einwandfreien Nettoforderungen in Höhe von 100.000 € und einem Delkrederesatz von 2 % können 2.000 € als PWB verbucht werden.
3.3 Rechenbeispiel Einzelwertberichtigung
Kunde N hat eine Rechnung über 11.900 € (10.000 € netto) erhalten. Die Zahlungsfrist verstreicht und kurz nach dem Versand der 1. Mahnung wird bekannt, dass Kunde N Insolvenz angemeldet hat. Später meldet sich der Insolvenzverwalter und gibt an, dass Gläubiger wahrscheinlich etwa drei Viertel ihrer Forderungen erhalten werden (Insolvenzquote: 75 %, Ausfallquote: 25 %). Die Buchhaltung bucht also zu dieser Forderung am Jahresende:
zweifelhafte Forderungen
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11.900 €
|
an
|
Forderungen
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11.900 €
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Einstellungen in EWB
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2.500 €
|
an
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EWB auf Forderungen
|
2.500 € (25 % vom Nettobetrag)
|
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens überweist der Insolvenzverwalter dann doch nur 5.000 €. Aus der EWB wird eine Abschreibung:
EWB auf Forderungen
|
2.500 €
|
an
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Abschreibungen auf Forderungen
|
2.500 €
|
Schließlich muss die Hälfte der ursprünglichen Forderung abgeschrieben werden:
Bank
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5.000 €
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|
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Abschreibungen auf Forderungen
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5.000 €
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Umsatzsteuer 19%
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1.900 €
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an
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zweifelhafte Forderungen
|
11.900 €
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4. Verjährung von Forderungen
Bei einer ordnungsgemäßen
Buchführung sollten eigentlich Forderungen nicht verjähren. Denn nach § 195 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) verjähren Forderungen erst nach drei Jahren. Diese Frist beginnt mit Abschluss des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist (§ 199 BGB). Sollte es doch zu einer Verjährung kommen, ist der Schuldner nach § 214 BGB sogar berechtigt, die Zahlung zu verweigern.
Wichtig zu wissen ist, dass mit der
Zahlung einer Rate des geschuldeten Gesamtbetrags die Verjährungsfrist
erneut beginnt (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Wenn ein Schuldner nicht zur Überweisung der kompletten Forderungen gebracht werden kann, kann als Kompromiss eine Ratenzahlung sinnvoll sein. Eine einfache Mahnung hemmt indessen die Verjährung nicht; stattdessen muss ein gerichtliches Mahnverfahren angestrengt werden. Sobald ein Mahnbescheid beantragt wird, beginnt die Verjährungsfrist von Neuem (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
letzte Änderung S.P.
am 19.08.2022
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
panthermedia.net / wsf pan
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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