Unternehmen und Zweigniederlassungen online gründen sowie
Verringerung der Bürokratie für kleine und mittlere Unternehmen: Diese Ziele verfolgt die Europäische Union mit ihrer Digitalisierungsrichtlinie. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie 2022 mit dem
DiRUG in nationales Recht umgesetzt. DiRUG steht für "Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie". Die Regelungen gelten seit dem 1. August 2022. Das DiRUG sieht Veränderungen beim Gesellschaftsrecht und bei den Offenlegungspflichten für Unternehmen vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine GmbH kann auch online gegründet werden.
- Notare nehmen Beurkundungen online in Videokonferenzen vor.
- Zentrales Portal für digitale Offenlegung des Jahresabschlusses.
- Übermittler des Jahresabschusses muss sich einmalig identigizieren.
Gesellschaftsrecht: GmbH und Zweigniederlassungen online gründen
Die Digitalisierungsrichtlinie soll die
Online-Gründung eines Unternehmens erleichtern. Das DiRUG ermöglicht das durch Änderungen im Beurkundungsrecht. So sollen Notare Beratungen und
Beurkundungen auch per Videokonferenz vornehmen können. Der Gesetzgeber hat hierfür die Bundesnotarordnung geändert. Die Teilnehmenden eines solchen Notargesprächs identifizieren sich durch ein persönliches Dokument. Es empfiehlt sich die eID-Funktion des Personalausweises.
Bis diese Regelung in den Alltag der Notarkanzleien einzieht, kann es allerdings noch dauern. Zum einen schreibt das Gesetz als Ort der virtuellen Zusammenkunft ein Videokommunikationssystems vor, das die Bundesnotarkammer betreiben soll. Nicht nur fehlt bisher eine Deadline, bis zu der alle Kanzleien an ein solches System angeschlossen sein müssen. Der Notar darf eine
Beurkundung mittels Videokommunikation auch
ablehnen. Das kann er beispielsweise dann tun, "wenn er die Erfüllung seiner Amtspflichten auf diese Weise nicht gewährleisten kann". So heißt es in § 16a des Beurkundungsgesetzes.
Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Notar Zweifel am Identitätsnachweis eines Beteiligten an der Videokonferenz hat, oder an dessen Rechtsfähigkeit. Die
Online-Beurkundung per Videokonferenz erlaubt der Gesetzgeber für
- Einzelkaufleute,
- Aktiengesellschaften,
- GmbHs und
- Genossenschaften.
Nicht jedoch für
- Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) oder
- Partnerschaftsgesellschaften.
Das erklärt die Steuerberaterkanzlei Ebner-Stolz auf ihrer Webseite.
Die Digitalisierungsrichtlinie sieht eine
Vernetzung der europäischen Unternehmensregister vor. Das Business Registers Interconnections System (
BRIS) soll die Eröffnung von Zweigniederlassung europaweit erleichtern. Unternehmen können über BRIS eine Zweigniederlassung per Videokonferenz abwickeln. BRIS soll zudem als europaweites Register für disqualifizierte Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder dienen. Unternehmen sollen über dieses System Informationen über
Bestellungshemmnisse abrufen können, die in einem EU-Staat aufgetreten sind.
Neue Offenlegungspflichten für Jahresabschluss
Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichte (
Jahresabschlüsse) für Geschäftsjahre beginnend nach dem 31.12.2021 müssen zur
Offenlegung direkt an das
Unternehmensregister übermittelt werden. Die Offenlegungspflicht ist mit der Abrufbarkeit im Unternehmensregister erfüllt. Eine Pflicht zur zusätzlichen Bekanntmachung, wie sie bislang üblich war, entfällt damit. Geschäftsberichte und Unterlagen müssen weiterhin an den Bundesanzeiger übermittelt werden, wenn sie Geschäftsjahre betreffen, die vor dem 01.01.2022 begonnen haben.
Der Jahresabschluss wird dabei als digital lesbare XML-Datei übertragen. Das Verfahren werde durch ganzheitliche
Buchhaltungslösungen wie DATEV oder ergänzende Online-Anwendungen wie
eBilanz-Online (s. Webtipps) abgedeckt, informiert der Bundesanzeiger Verlag im Internet. Der Verlag betreibt eine
Publikationsplattform zum Einreichen von Jahresabschlüssen (s. Webtipps). Weiterhin können Unternehmen ihre Geschäftsunterlagen zusätzlich auch in eher visuellen Dateiformaten einreichen, beispielsweise als PDF.
Der Bundesanzeiger Verlag, der zugleich das Unternehmensregister führt, prüft weiterhin die Abschlüsse gemäß § 329 HGB auf Vollzähligkeit und Fristeinhaltung. Säumige Unternehmen meldet er an das Bundesamt für Justiz. Unternehmen könnten damit wie gewohnt auf einer einzigen Plattform und in allen bekannten Formaten ihren Offenlegungspflichten – ob im Unternehmensregister oder im Bundesanzeiger – komfortabel nachkommen können, erklärt der Bundesanzeiger Verlag auf seiner Webseite.
Die Übermittler von Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichten müssen sich einem
einmaligen Identitätsnachweis unterziehen. Diese Identifikationspflicht betrifft ausschließlich jene natürliche Person, die für ein offenlegungspflichtiges Unternehmen eine Daten an das Unternehmensregister übermittelt. Ohne vorherige Identifikation der tatsächlich übermittelnden Person kann für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, kann ein Unternehmen folglich keinen Jahresabschluss mehr offengelegen. Unternehmen empfiehlt der Bundesanzeiger Verlag, rechtzeitig die Identifikation vorzunehmen, bevor die
Frist für den Jahresabschluss abläuft.
Drei Verfahren stellt der Bundesanzeiger Verlag zur Identifikation als Übermittlungsberechtigter bereit:
- ein automatisches videogestütztes Identifizierungsverfahren,
- ein begleitetes videogestütztes Identifizierungsverfahren und
- eID (d. h. elektronischer Personalausweis mit aktivierter Online-Ausweisfunktion).
Quelle:
Bundesanzeiger Verlag, Bundesministerium der Justiz, ebnerstolz.de, Deloitte.de
letzte Änderung W.V.R.
am 14.04.2023
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Gajus Images
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Autor:in
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