Unternehmer müssen bis zum 31. März ihre Abgaben an die
Künstlersozialkasse (
KSK) melden. Auf alle im Vorjahr eingekauften Leistungen von Künstlern, Publizisten oder Journalisten ist die
Künstlersozialabgabe (
KSA) zu zahlen. Schummeln kann teuer werden, denn die KSK darf auch rückwirkend Beiträge einfordern.
Das Wichtigste in Kürze:
- Künstlersozialabgabe (KSA) fällt auf alle künstlerischen oder publizistischen Leistungen an.
- Die Abgabe fällt auch an, wenn der Dienstleister selbst nicht in der KSK versichert ist.
- Für kleine und gelegentliche Aufträge gibt es eine Bagatellregelung, die allerdings nicht abschießend geregelt ist.
Künstlersozialkasse: KSK kassiert Künstlersozialabgabe auch rückwirkend
Die Künstlersozialkasse (KSK) bietet
Freiberuflern im künstlerischen und publizistischen Bereich Zugang zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Der Gesetzgeber hat die Existenz der KSK im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) geregelt. Der Versicherte trägt die eine Hälfte der Kosten der Versicherte. Die andere Hälfte zahlen die Auftraggeber des Versicherten und der Staat. Diese Quasi-Arbeitgeberanteile müssen Unternehmen bis zum 31. März der KSK melden. Der Beitragssatz liegt 2023 bei 5 Prozent. 2022 sinkt er auf 4,8 Prozent.
Abgabesätze im Überblick
Jahr
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Prozentsatz
|
2023
|
5,0
|
2022
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4,2
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2021
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4,2
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2020
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4,2
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2019
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4,2
|
2018
|
4,2
|
2017
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4,8
|
2016
|
5,2
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2015
|
5,2
|
2014
|
5,2
|
Quelle: Kuenstlersozialkasse.de
Als
Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe gelten alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte (§ 25 Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG). Zu Entgelten im Sinne des KSVG zählen alle Beträge, die der Unternehmer aufwendet, um die künstlerische oder publizistische Leistung zu erhalten oder zu nutzen.
Zu den Aufwendungen zählen
- Gagen,
- Honorare,
- Tantiemen,
- Lizenzen,
- Ankaufpreise,
- Zahlungen aus Kommissionsgeschäften,
- Sachleistungen,
- Ausfallhonorare,
- freiwillige Leistungen zu Lebensversicherungen oder zu Pensionskassen oder
- andere Formen der Bezahlung.
Zum Entgelt zählen daneben auch alle Auslagen (z. B. Kosten für Telefon und Fracht) und Nebenkosten (z. B. für Material, Hilfskräfte und nicht künstlerische Nebenleistungen), die dem Künstler vergütet werden (Quelle: Kuenstlersozialkasse.de).
Wichtig: Die KSK kontrolliert rückwirkend für die vergangenen fünf Jahre. Hat ein Unternehmer nicht alle Beträge ordnungsgemäß gemeldet, muss er nachzahlen. Außerdem droht ein Bußgeld.
Künstlersozialabgabe auch wenn der Dienstleister nicht in der KSK versichert ist
Die KSK funktioniert ähnlich wie eine gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung für Arbeitnehmer. Mit einem wichtigen Unterschied: Die Künstlersozialabgabe fällt nicht nur für die Leistungen von Freiberuflern an, die tatsächlich in der KSK versichert sind. Sie muss grundsätzlich für künstlerische und publizistische Dienstleistungen gezahlt werden.
Beispiel: Ein Unternehmen gibt bei einem Webdesigner eine neue Firmenwebseite in Auftrag. Der Designer führt derartige Aufträge gegen Honorar nebenberuflich aus. Hauptberuflich ist er angestellt und deshalb gesetzlich sozialversichert. Dennoch muss das Unternehmen eine Künstlersozialabgabe zahlen.
Achtung: Die Flucht ins Ausland hat keinen Zweck. Selbst wenn ein Unternehmen künstlerische oder publizistische Aufträge an Dienstleister im Ausland vergibt, fällt darauf die Künstlersozialabgabe in Deutschland an.
Für welche Leistungen und Dienstleister muss man zahlen?
Nach dem Gesetz (
§ 24 KSVG) müssen Unternehmen die Künstlersozialabgabe leisten, "die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei
nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen." Dem Unternehmer stellen sich nach diesem Satz zwei Fragen:
- Wer ist überhaupt Künstler oder Publizist?
- Wann gilt ein Auftrag als gelegentlich?
Keine Abgabe bei Geringfügigkeit
Seit 2015 gibt es eine Bagatellgrenze für die Künstlersozialabgabe: Liegt das Auftragsvolumen bei 450 Euro im Jahr oder darunter, dann braucht das Unternehmen keine Künstlersozialabgabe zu leisten.
Welcher Dienstleister ist Künstler?
Das Gesetz stellt eindeutig auf künstlerische und publizistische Tätigkeiten ab. Dazu zählen natürlich Arbeiten von Textern, Autoren, Journalisten Fotografen und Grafikern, auch Webdesigner sind mittlerweile als Künstler anerkannt. Das leuchtet ein. Doch die Grenzen des Künstlerischen müssen immer wieder Gerichte ziehen.
- 2009 entschied das Bundessozialgericht (Az.: B 3 KS 4/08 R), dass auch die Juroren bei "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) einen unterhaltsamen und damit künstlerischen Beitrag zum Gesamtkonzept der Castingshow leisten. RTL musste die Künstlersozialabgabe auf die Honorare von Dieter Bohlen und seinen Mitjuroren entrichten.
- In einem anderen Fall stellte das Sozialgericht Lübeck (Az.: S 14 KR 106/07) 2008 fest, dass ein Discjockey kein Künstler ist.
- 2015 entschied das Bundessozialgericht (BSG), dass auf die Honorare von Lehrern an Musikschulen die Künstlersozialabgabe fällig ist (Az.: B 3 KS 1/14 R).
- Im gleichen Jahr ordnete das BSG Honorare für Jazztanz- und Hiphop-Unterricht als abgabepflichtig ein (Az.: B 3 KS 3/14 R), wenn der Unterricht nicht vorrangig der Fitness dient.
- 2020 entschied das Hamburger Sozialgericht, dass auch Tätowiererinnen und Tätowierer in die Künstlersozialkasse eintreten dürfen.
Faustregel: Vergibt ein Unternehmen an einen Freiberufler Aufträge die der Information, der Selbstdarstellung (Werbemittel, Webseite, Pressemitteilungen, Mitarbeiterzeitung) oder der Unterhaltung (Künstlerauftritte bei Betriebsfesten etc.) dienen, dann liegt die Künstlersozialabgabe in der Luft.
Wie regelmäßig ist "nicht nur gelegentlich" im Sinne der KSK?
Wir erinnern uns: Abgabepflichtig sind Unternehmen, die "
nicht nur gelegentlich" Aufträge an Künstler und Publizisten vergeben. Aber
wie regelmäßig ist "nicht nur gelegentlich"? Leider geben Gesetze und Rechtsprechung keine eindeutige Antwort darauf.
Unternehmen wie Verlage, Fernsehsender, Theater, Kunstgalerien oder Werbeagenturen können diesen Abschnitt überspringen. Bei ihnen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sie regelmäßig Aufträge an freie Künstler und Publizisten vergeben. Sie müssen auf jedes Honorar an einen Autoren, Texter, Journalisten oder Künstler die Künstlersozialabgabe zahlen. Leicht haben es auch Gastwirte. Erst wenn sie
öfter als dreimal im Jahr eine Musikkapelle oder einen Bühnenkomiker engagieren, erkennt die KSK eine Regelmäßigkeit.
Diese
Drei-Aufträge-Regel gilt jedoch nicht für Gewerbebetriebe, die Werbung oder Informationsmaterial in Auftrag geben. So leitet die KSK schon eine Abgabepflicht ab, wenn ein Unternehmen einmal im Jahr einen Auftrag an Künstler oder Publizisten vergibt oder selbst, wenn dies alle drei Jahre geschieht. Kehren wir zu unserem Beispielunternehmen zurück. "Die KSK setzt die
Messlatte für sogenannte Eigenweber sehr niedrig an", sagt
Rechtsanwalt Andri Jürgensen. Seine Kanzlei ist unter anderem spezialisiert auf die Künstlersozialkasse und die Künstlersozialabgabe. In einigen Fällen bleibt nur der Klageweg gegen einen Erfassungsbescheid. Zum ganz überwiegenden Teil verlaufe die Erfassung aber korrekt, berichtet Anwalt Jürgensen aus seiner Erfahrung.
Unbestimmt sieht es auch mit dem Umfang einer kreativen Arbeit aus.
Beispiel: Das Unternehmen hat seine Firmenwebseite bekommen und den Webdesigner ausgezahlt. Eine einmalige Sache und daher abgabefrei, oder?
Die KSK würde das bestreiten: Eine Webseite besteht
aus mehreren künstlerischen Einzelleistungen (Texte, Fotos, Layout). Solche Bestandteile gelten laut KSK auch dann als Einzelleistungen, wenn sich Auftraggeber und Auftragnehmer darauf geeinigt haben, den Internetauftritt als Komplettleistung abzurechnen. Der Internetauftritt ist daher bedeutsam genug, um eine Abgabepflicht auszulösen.
Dem widerspricht Anwalt Jürgensen: Ein Internetauftritt für ein kleines oder mittelständisches Unternehmen sei eine einfache Sache, die man nicht in Einzelleistungen zerlegen müsse. Kleinunternehmer und Mittelständler können in diesem Fall nach Rücksprache mit einem Fachanwalt eine Forderung der KSK anfechten. Eine Erfolgsgarantie gibt es freilich nicht, warnt Jürgensen: "
Es fehlt an einer eindeutigen Abgrenzung nach unten."
Doppelte Abgabepflicht für Subunternehmer
Die KSK kann für eine Dienstleistung doppelt die Künstlersozialabgabe kassieren. Dazu wieder ein Fallbeispiel:
Beispiel: Ein Unternehmen gibt eine Imagebroschüre in Auftrag. Der beauftragte Redakteur zieht jedoch noch einen Grafiker und einen Fotografen hinzu. Die KSK kassiert beim Redakteur die KSA für die Arbeit des Grafikers und des Fotografen. Beim Endabnehmer, der den Auftrag ausgelöst hat, kassiert die KSK die Abgabe für den Redakteur – und ebenfalls Künstlersozialabgabe für die Arbeit des Grafikers und des Fotografen.
Für die Arbeit von
Subunternehmern kassiert die KSK also doppelt. Dieses Verfahren steht zwar in der Kritik, ist aber von der Rechtsprechung bestätigt. Eine Klage hiergegen hätte nach KSK-Fachmann Jürgensen keine Aussicht auf Erfolg.
Künstlersozialkasse und Künstlersozialabgabe: Zahlen oder Klagen
Bis zum 31. März haben Unternehmen Zeit, ihre Bücher nach Vorgängen im Vorjahr zu durchforsten, auf die möglicherweise eine Künstlersozialabgabe anfällt. Ob ein Unternehmer sich dafür entscheidet, den einen oder anderen Zweifelsfall für sich in Anspruch zu nehmen, muss er nach Zahl und Umfang der Beträge entscheiden. Dann sollte er sich darauf vorbereiten, seinen Standpunkt auch vor Gericht zu vertreten. In jedem Fall sollten Unternehmer drei Dinge bedenken:
- Ein Verschweigen von Sachverhalten kann neben Nachforderungen für bis zu fünf Jahre zurück auch empfindliche Geldbußen nach sich ziehen.
- Der Versuch, einen Sachverhalt zu verschweigen, ist riskant – nicht nur wegen der Möglichkeiten moderner Datenverarbeitung, sondern auch wegen schärferer Kontrollen durch die KSK.
- Die Abgabepflicht betrifft immer das ganze Unternehmen. Löst ein Auftrag eine Abgabepflicht aus, dann muss die Abgabe auch für andere Aufträge gezahlt werden, die für sich nicht zu einer Abgabepflicht geführt hätten.
Wichtig: Wer einen Dienstleister mit der Rechtsform einer KG, einer GmbH oder AG beauftragt muss grundsätzlich keine Künstlersozialabgabe zahlen. Das Bundessozialgericht hat diese Regel auch auf Unternehmen mit der Rechtsform einer OHG ausgedehnt (Az. B 3 KS 6/12 B). Der Vorgang liegt dem BSG aber noch zur Entscheidung vor.
Unternehmen sollten jedoch bedenken, dass Unternehmen mit einer der genannten Rechtsformen in der Regel teurer sind als ein Einzelunternehmer oder eine GbR. Der Schritt lohnt sich also nur bei sehr umfangreichen Aufträgen.
Weitere Informationen finden Unternehmen bei der Künstlersozialkasse sowie bei einigen spezialisierte Anwaltskanzleien (s. Webtipps). Rat und Hilfe bieten auch die Industrie- und Handelskammern (IHK) oder die Handwerkskammern.
Quelle:
Künstlersozialkasse, KSK-Blog.de, Akademie.de
letzte Änderung W.V.R.
am 16.05.2023
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
Bidagentur PantherMedia / Elnur
|
Autor:in
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25.07.2013 17:01:12 - Gast
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