Deutschland und
Firmengründung - das verbindet man mit Bürokratie und Zeitaufwand. Aber dauert die Gründung des eigenen Unternehmens wirklich so lange? Welche Möglichkeiten gibt es, eine Firma zu gründen und wie kann die Zeit vor und während der Gründungsphase sinnvoll genutzt werden? Diese und weitere Fragen, beantworten wir in dem folgenden Artikel.
1. Firmengründung in Deutschland
1.1 Was versteht man unter einer "Firma" bzw. einer "Firmengründung"?
Unter dem Begriff "
Firma" versteht sich nach §17 HGB der Name, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt. Die Begriffe "Firma" und "Firmenname" - wie sie häufig verwendet werden – bezeichnen also ein und dasselbe. Zusätzlich wird umgangssprachlich unter einer Firma häufig das ganze Unternehmen verstanden.
Als Firmen- bzw. Unternehmensgründung wird der Vorgang bezeichnet, mit dem der Gründer seinen Weg in die Geschäftswelt offiziell beschreitet. In diesem Beitrag wird auf die gängigsten Rechtsformen für Neugründer, also die Einzelunternehmung bzw. Gewerbeanmeldung, die Anmeldung einer Freiberuflichkeit und die Gründung einer GmbH oder UG, eingegangen.
Anzeige
Mit dem RS-Plan erstellen Sie ganz einfach Ihre gesamte Unternehmensplanung, inkl. automatischer Plan-Bilanz und Kapitalflussrechnung. Die Planung kann für insgesamt 5 Jahre erfolgen. Neben detailierter Plan-G+V, Bilanz und Kapitalflussrechnung stehen fertige Berichte mit Kennzahlen und Grafiken zur Analyse des Unternehmens zur Verfügung.
Preis 119,- EUR mehr >>
1.2 Aufwand im Vergleich zu anderen europäischen Staaten
Häufig werden die deutschen Behörden für die Dauer bei der Unternehmensgründung kritisiert. Besonders im Vergleich zu anderen europäischen Staaten soll hierzulande die Gründung
verhältnismäßig lange dauern. In Estland z.B. sei die Gründung einer Kapitalgesellschaft (also GmbH, UG oder AG) innerhalb eines Tages und zudem online möglich.
[1]
Folgendes sollte bei den internationalen Vergleichen jedoch berücksichtigt werden: Deutschland ist mit ca. 82,8 Mio. Einwohnern [2] das größte Land der EU. Mehr als 6,4 Mio. umsatzsteuerpflichtige Unternehmen [3] sind hierzulande erfasst. Diese Unternehmen wurden angemeldet, registriert und angeschrieben. Es müssen Steuernummern vergeben, Steuererklärungen empfangen, Zulassungsvoraussetzungen überprüft, Bußgeldbescheide erstellt und zivilrechtlichen Rechtstreitigkeiten nachgegangen werden. Im Laufe der Zeit bemüht sich auch die deutsche Verwaltung, Prozesse zu optimieren und zu digitalisieren.
[4]
2. Gründungsmöglichkeiten für Anfänger – Vorgehen, Dauer und Kosten
Im Folgenden werden die gängigsten Gründungsmöglichkeiten einmal durchgespielt, um den tatsächlichen Zeit- und Kostenaufwand besser einschätzen zu können.
2.1 Anmeldung eines Gewerbes
Die erste Möglichkeit einer Firmengründung, die hier vorgestellt wird, ist die
Anmeldung einer Einzelunternehmung, also eines Gewerbes. Erste Anlaufstelle für die Anmeldung ist das Gewerbeamt der Stadt, in der das Gewerbe betrieben werden soll bzw. in der sich der Sitz des Gewerbes befinden wird. Zur Gewerbeanmeldung ist es erforderlich, das ausgefüllte Formular zur Gewerbeanmeldung persönlich oder per Post einzureichen.
Dieses Formular kann meist auf den Internetseiten der jeweiligen Stadt heruntergeladen werden oder liegt im Gewerbeamt aus. Zur Beantwortung von Fragen rund um die Gewerbeanmeldung stehen Sachbearbeiter zur Verfügung. Bei persönlicher Anmeldung wird der Gewerbeschein sofort ausgestellt. Bei postalischer Anmeldung hingegen folgt er auf dem Postweg mit der Rechnung. Die Anmeldung eines Gewerbes kostet je nach Kommune zwischen 20 und 45 Euro.
Nahezu jede Geschäftstätigkeit kann als Gewerbe ausgeübt werden. Für die Anmeldung bestimmter Gewerbearten gelten allerdings
Zulassungsbeschränkungen. [5] Eine Auflistung erlaubnispflichtiger und zulassungsbeschränkter Tätigkeiten ist in der Gewerbeordnung ab §33a aufgeführt. So ist zum Beispiel für die Anmeldung eines Sicherheitsgewerbes ein entsprechender Sachkundenachweis erforderlich.
Nach der Anmeldung des Gewerbes erhält der Gründer auf dem Postweg einen
steuerlichen Erfassungsbogen. Dort sind Adressdaten, Bankverbindung und die erwarteten Umsätze und Aufwendungen für die kommenden zwei Jahre dem Finanzamt anzugeben. Nachdem der steuerliche Erfassungsbogen ausgefüllt und an das Finanzamt zurückgesendet wurde, erhält man die Steuernummer für das Gewerbe. Hinweis: Der steuerliche Erfassungsbogen dient auch der Beantragung der Kleinunternehmerregelung.
Mit Erhalt des
Gewerbescheins ist es bereits möglich, die selbstständige Tätigkeit offiziell auszuüben. Lediglich mit dem Schreiben von Rechnungen sollte gewartet werden, bis die Steuernummer vorliegt. Mit den Einnahmen aus einem Gewerbe besteht Einkommen- und Gewerbesteuerpflicht. Umsatzsteuer muss nur ausgewiesen und abgeführt werden, wenn die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen wird.
Das Wichtigste zur Gewerbeanmeldung:
Dauer:
|
1 Tag (bei persönlicher Anmeldung)
|
Kosten:
|
20 bis 45 Euro
|
1. Anlaufstelle
|
Gewerbeamt
|
Was kann als Gewerbe ausgeübt werden?
|
Jede Geschäftstätigkeit
|
2.2 Anmeldung einer Freiberuflichkeit
Eine weitere Möglichkeit für eine Gründung besteht in der
Anmeldung einer Freiberuflichkeit. Diese erfolgt beim zuständigen Finanzamt. Die Anmeldung ist in der Regel kostenlos. Auch hier folgt nach der Anmeldung die Erfassung mittels des steuerlichen Erfassungsbogens. Ein spezielles Formblatt ist zur Anmeldung nicht erforderlich.
Der Gründungsvorgang kann beschleunigt werden, indem der steuerlichen Erfassungsbogen bereits ausgefüllt zur Anmeldung mitgebracht wird. Auch die Anmeldung der Freiberuflichkeit kann auf dem Postweg erfolgen. Nach der Abgabe des steuerlichen Erfassungsbogens erhält man die
Steuernummer, welche für eine korrekte Rechnungserstellung benötigt wird.
Einkünfte einer Freiberuflichkeit unterliegen der Einkommensteuer. Sie sind
nicht gewerbesteuerpflichtig. Umsatzsteuer muss ausgewiesen und abgeführt werden, wenn die die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch genommen wird.
Im Vergleich zum Gewerbe können wesentlich weniger Tätigkeiten unter einer Freiberuflichkeit ausgeübt werden. Die Tätigkeit muss besondere Fachkenntnisse (z.B. ein Studium) erfordern und der
Freiberufler muss schöpferisch oder beratend tätig sein. Typische Beispiele für freiberuflich Tätige sind Ärzte, Steuerberater, Anwälte, Künstler und Journalisten. Ein aktueller Katalog zu den freiberuflichen Tätigkeiten und eine Urteilsliste finden sich in den Webtipps zu diesem Artikel.
Das Wichtigste zur Anmeldung einer Freiberuflichkeit:
Dauer:
|
1 Tag (bei persönlicher Anmeldung)
|
Kosten:
|
Kostenlos
|
1. Anlaufstelle
|
Finanzamt
|
Was kann als Freiberuf ausgeübt werden?
|
Künstlerische o. beratende Tätigkeit m. bes. Fachkenntnissen, Katalogberufe
|
2.3 Gründung einer UG (Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung) oder GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung)
Die dritte hier besprochene Variante ist die
Gründung einer UG bzw. einer GmbH. Während der Gründer bei der Einzelunternehmung und dem Freiberuf persönlich haftet, ist die Haftung bei der GmbH und UG auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt. Eigentümer der Gesellschaft sind die Gesellschafter, wobei die GmbH/UG durch einen oder mehrere Gesellschafter gegründet werden kann.
Da die GmbH/UG als
rechtlich eigenständige Person gilt, muss mindestens eine Person bestimmt werden, welche die Gesellschaft im Geschäftsverkehr vertritt - der Geschäftsführer. Sowohl ein Gesellschafter als auch ein Dritter können Geschäftsführer der Gesellschaft werden.
Die Gründung einer GmbH/UG läuft immer über einen
Notar. Beim Notartermin wird die Identität der Gründer überprüft und der Gesellschaftsvertrag unterzeichnet. Im Gesellschaftsvertrag werden grundlegende Regelungen getroffen (u.a. Sitz und Firmenname, Stammkapital, beteiligte Gesellschafter und Benennung des Geschäftsführers).
Für eine einfache Gründung stehen die so genannten "
Musterprotokolle" zur Verfügung.
[6] Sie enthalten die mindestens zu regelnden Punkte. Sollen darüber hinaus andere Regelungen getroffen werden (z.B. das Bestehen der Gesellschaft auf Zeit, spezielle Gewinnverteilung, Einbringung von Sacheinlagen), muss ein individueller Vertrag durch den Notar erstellt werden. Der Vorteil eines Musterprotokolls besteht darin, dass hierdurch geringere Notarkosten anfallen.
Die Gründung einer GmbH/UG beginnt mit der Entscheidung über die Gründung, verläuft über den Notartermin, die Einzahlung des
Stammkapitals und endet mit der gewerblichen Anmeldung der Gesellschaft und der steuerlichen Erfassung. Als GmbH/UG können sämtliche Geschäftstätigkeiten ausgeübt werden.
Auch wenn die Tätigkeit eine freiberufliche Tätigkeit darstellt, unterliegen die Einkünfte sowohl der Gewerbe-, als auch der Körperschaftsteuer. Einkommensteuer fällt bei der GmbH/UG nicht an. Werden einem Gesellschafter oder Geschäftsführer Gewinne oder ein Gehalt ausgezahlt, muss dieses im Rahmen der Einkommensteuer versteuert werden.
Ein konkreter Ablaufplan zur GmbH/UG Gründung steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.
Das Wichtigste zur Gründung einer GmbH/UG:
Dauer:
|
8 bis 14 Wochen (inkl. Wartezeit auf Notartermin)
|
Kosten:
|
400 bis 1.250 Euro
|
1. Anlaufstelle:
|
Notar
|
Was kann unter einer GmbH/UG ausgeübt werden?
|
Jede Geschäftstätigkeit
|
Es ist möglich, mit einer GmbH/UG bereits vor der vollständigen Gründung im Namen der Gesellschaft zu handeln und Verträge abzuschließen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der
Vorgründungs- bzw. Vor-Gesellschaft. Die Vorgründungsgesellschaft entsteht mit der Entscheidung, eine GmbH/UG gründen zu wollen.
Die Vorgesellschaft entsteht mit dem Unterzeichnen des Vertrages beim Notar und trägt den Zusatz "in Gründung" oder "i.G." (z.B. "Müller Weinflaschen GmbH i.G."). Zu beachten ist, dass die Haftung in diesen Fällen nicht begrenzt ist. Genauere Beratung zu konkreten Fällen erhalten Gründer bei ihrem Notar.
3. Wie kann die Zeit vor und während der Gründung sinnvoll genutzt werden?
Viele Gründer beschäftigen sich eingehend mit ihrer Geschäftsidee, bevor sie den Schritt zum Notar oder Gewerbe- bzw. Finanzamt wagen. Andere jedoch nehmen die Gründung und den Weg in die Selbstständigkeit "auf die leichte Schulter". Mit ein wenig Internetrecherche kann man feststellen, dass einer der Hauptgründe für das Scheitern von Selbstständigen darin besteht, dass in der
Vorbereitungsphase nicht genügend auf die
Finanzplanung eingegangen wurde.
Dadurch können die Gründer sich selbst, aber auch andere Geschäftstätige schädigen, wenn z.B. Warenlieferungen und Büromieten nicht mehr gezahlt werden. Bürokratische Hürden zu überwinden setzt ein gewissen Engagement des Selbstständigen voraus. Auch die Zeit während der Gründungsphase kann sinnvoll genutzt werden. Folgende
Planungen und Übersichten sind dabei in jedem Fall empfehlenswert:
- Übersicht der privaten Lebenshaltungskosten (Miete, Lebensmittel, Versicherungen, Rücklagen, ...)
- Ablauf und Kalkulation der Gründungskosten (Notargebühren, Zulassungsvoraussetzungen, notwendige Lehrgänge, ...)
- Planung der Absatzmengen, Verkaufspreise und Umsätze (mindestens für das erste Geschäftsjahr)
- Übersicht der variablen Kosten zur Leistungserbringung (z.B. Wareneinkauf, Inanspruchnahme von Dienstleistungen)
- Höhe der Fixkosten im Rahmen der Selbstständigkeit (Büromiete, Steuerberater, ...)
- Steuerbelastung und Wahl der passenden Rechtsform
Darüber hinaus sind dem Gründer keine Grenzen gesetzt. Die Beschäftigung mit den zukünftigen Kunden, Konkurrenten und Vorbildern gibt hilfreiche Informationen. Je besser die Vorbereitung, desto größer ist die Chance, dass die Gründung ein Erfolg wird.
Schema zum
Gründungsablauf für eine GmbH oder UG >>
Fußnoten s. "Literaturhinweise"
letzte Änderung A.R.
am 05.04.2023
Autor(en):
Alexander Rodosek
Bild:
panthermedia.net / rawpixel
|
Autor:in
|
Herr Alexander Rodosek
ist Mitgründer der Plattformen meinBafoeg.de und dasElterngeld.de. Als Geschäftsführer leitet er in seinem Unternehmen die Bereiche Recht und Finanzen. Rodosek absolvierte ein Wirtschaftsrechtstudium (LL.B.) in Köln und erwarb den Master in Wirtschaftsprüfung, Steuern, Recht und Finanzen (M.Sc.). Er verfügt über Berufserfahrung in der Versicherungswirtschaft, verfasst regelmäßig Fachbeiträge für Controlling-Portal.de und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der TH Köln.
|
weitere Fachbeiträge des Autors
| Forenbeiträge
|