Die Kosten für größere
Anschaffungen in einem Unternehmen sind nach gesetzlichen Regeln über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Bei diesen
bilanzmäßigen oder bilanziellen
Abschreibungen sind jedoch verschiedene Aspekte zu beachten. Zudem bietet das Handelsrecht eine Reihe von Wahlmöglichkeiten, das Steuerrecht deutlich weniger.
Bilanzmäßige und kalkulatorische Abschreibungen
Handels- wie
Steuerbilanz sollen die
wirtschaftliche Lage eines Unternehmens darstellen. Wenn ein Unternehmen eine große Maschine anschafft und diese zehn Jahre lang nutzt, dann ergäbe sich eine verzerrte Darstellung der wirtschaftlichen Lage, wenn sich der Aufwand für die Anschaffung nur in einem Jahr gewinnmindernd auswirken würde.
Unter anderem deshalb schreibt das
Handelsgesetzbuch (HGB) in § 253 Abs. 3 Satz 2 vor, "die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann". Die
Herstellungskosten beziehen sich auf
Vermögensgegenstände, die das Unternehmen selbst geschaffen hat; das können auch immaterielle Gegenstände, wie Patente oder Lizenzen, sein.
Das
Einkommensteuergesetz (EStG) regelt in § 7 die
Absetzung für Abnutzung (
AfA). Hier wird der Wertminderung von betrieblichen Vermögensgegenständen ein konkreter Grund zugeordnet. Neben solchen eher technischen Gründen für Abschreibungen wie die Abnutzung kommen in der betriebswirtschaftlichen Literatur weitere Ursachen infrage:
- Wirtschaftlich betrachtet kann es zu Verschiebungen der Nachfrage kommen oder Wirtschaftsgüter können aufgrund von Innovationen überholt sein; so könnten sich Anschaffungen als Fehlinvestitionen erweisen, die einer Wertberichtigung bedürfen.
- Rechtlich betrachtet können neue Gesetze zu einer Entwertung führen, wenn etwa bestimmte Technologie als umweltschädlich eingestuft und verboten werden; auch das Ablaufen von Miet- oder Leasingverträgen oder von Schutzrechten, wie Konzessionen oder Patente, können zu Wertminderungen führen.
Die bisher beschriebenen Abschreibungen sind gesetzlich vorgeschrieben. Daneben kann innerbetrieblich auch eine
kalkulatorische Abschreibung in der
Kosten- und Leistungsrechnung sinnvoll sein. Denn die
gesetzlichen Vorgaben sind recht starr und können von den Erfahrungswerten in einem Unternehmen abweichen. So könnte es sein, dass eine Maschine, die in den
AfA-Tabellen der Finanzverwaltung mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von zehn Jahren angegeben ist, erfahrungsgemäß im Unternehmen nur sieben Jahre lang verwendet wird. Der Grund dafür könnte z. B. in raschen Innovationszyklen liegen, die Maschinen dieses Typs schnell veralten lassen.
Wenn der Unternehmer nun die Maschinennutzung in den Preis eines Produkts einkalkulieren möchte, wird er eine Abschreibung der Maschine über sieben Jahre ansetzen. Das entspricht eher der Kostenstruktur in seinem Unternehmen. Üblich ist vor allem, mit dem
Wiederbeschaffungswert der Maschine (oder eines anderen Vermögensgegenstands) zu rechnen: So könnten die Anschaffungskosten für eine neue Maschine am Ende der Nutzungsdauer durch die allgemeine Preissteigerung, aber auch wegen verschiedener Verbesserungen höher liegen als die Anschaffungskosten der aktuell genutzten Maschine.
Deshalb wird der
kalkulatorische Abschreibungsbetrag in der Regel anders berechnet als der bilanzmäßige (dazu mehr im nächsten Abschnitt): Vom Wiederbeschaffungswert wird der voraussichtliche Schrottwert abgezogen und das Ergebnis durch die geschätzte, erfahrungsmäßige Nutzungsdauer geteilt. Beim Wiederbeschaffungswert kann neben den Anschaffungskosten auch die Inflationsrate einberechnet werden.
Abschreibungsmethoden für Handels- und Steuerbilanzen
Abschreibungen können nach verschiedenen mathematischen
Methoden vorgenommen werden:
- gleichmäßig über die Nutzungsdauer verteilt, also mit identischen Jahresbeträgen (lineare Abschreibung)
- je nach Leistung, z. B. nach den jährlichen Betriebsstunden einer Maschine oder der jährlichen Kilometerleistung eines Fahrzeugs (leistungsabhängige Abschreibung)
- hohe Abschreibungsbeträge zu Beginn und zunehmend niedrigere Beträge im Laufe der Nutzungsdauer (degressive Abschreibung)
- niedrige Abschreibungsbeträge zu Beginn und zunehmend höhere Beträge im Laufe der Nutzungsdauer (progressive Abschreibung)
Nach dem Handelsrecht sind grundsätzlich alle diese Methoden erlaubt, wenn auch die progressive Abschreibung nur in wenigen Fällen mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) vereinbar ist. Das Steuerrecht lässt nur die
lineare Abschreibung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG) und die
leistungsabhängige Abschreibung (§ 7 Abs. 1 Satz 6 EStG) zu.
Wegen der wirtschaftlichen Ausnahmesituation
in der
Coronakrise lässt
§ 7 Abs. 2 EStG für Anschaffungen in den Kalenderjahren 2020 und 2021 auch die degressive Abschreibung zu – die Unternehmer konnten also in den Krisenjahren höhere Beträge als bei der allgemein üblichen linearen Abschreibung gewinnmindernd in der Bilanz geltend machen.
Genauer gesagt, ist die
geometrisch-degressive Abschreibung erlaubt: Dabei wird jährlich ein fester Prozentsatz vom Restbuchwert als Aufwand verbucht, maximal zulässig sind 25 % (§ 7 Abs. 2 Satz 2 EStG). Weil sich der Restbuchwert Jahr für Jahr verringert, sinkt auch jedes Jahr der Abschreibungsbetrag. Nicht gedeckt vom Gesetzestext sind arithmetisch-degressive Abschreibungen.
Beispiele für gängige Abschreibungsmethoden
Vor den Beispielrechnungen muss noch kurz der Unterschied zwischen indirekter und direkter Buchung erläutert werden. Bei der
indirekten Buchung verbleiben die Anschaffungs- und Herstellungskosten in kompletter Höhe in den Aktiva der Bilanz. Die jährlichen Abschreibungen werden auf einem Wertberichtigungskonto gebucht. Erst wenn das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet (Verkauf, Verschrottung), wird gebucht: Wertberichtigungskonto an aktives Bestandskonto.
Üblich ist jedoch die
direkte Buchung, für Kapitalgesellschaften ist sie auch vorgeschrieben. Dabei wird jeweils zum Bilanzstichtag (oft: 31.12.) gebucht: Aufwandskonto (Abschreibungen) an aktives Bestandskonto. Der Bestand des Kontos verringert sich jährlich um den Abschreibungsbetrag, so dass der Wert eines Vermögensgegenstandes einfacher als bei der indirekten Buchung aus der Bilanz abzulesen ist.
Im Folgenden sind Beispiele für die direkte lineare Abschreibung und die direkte leistungsabhängige Abschreibung aufgeführt.
Beispiel 1
Im ersten Beispiel erwirbt der Brauereibesitzer Gary Ober für seinen Betrieb ein
Trübungsmessgerät für 1250 €. Laut der AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig "Brauereien und Mälzereien" wird ein solches Gerät über fünf Jahre abgeschrieben, der Abschreibungssatz beträgt 20 %. Weil Gary Ober das Gerät im Januar 2022 angeschafft hat, sieht die Abschreibung wie folgt aus:
Jahr
|
2022
|
2023
|
2024
|
2025
|
2026
|
Abschreibung in €
|
250
|
250
|
250
|
250
|
250
|
Restbuchwert in €
|
1.000
|
750
|
500
|
250
|
0
|
In den fünf Jahren der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer ist der Abschreibungsbetrag bei der linearen Abschreibung immer gleich groß. Im jeweiligen
Jahresabschluss wird für das Trübungsmessgerät gebucht: Abschreibungen auf Sachanlagen an Messgeräte: 250 €.
Hätte Gary Ober das Gerät nicht im Januar, sondern im Oktober angeschafft, dürfte er es für das Jahr 2022 nur über drei Monate (Oktober bis Dezember) abschreiben, also drei Zwölftel oder ein Viertel des jährlichen Betrages: 62,50 €. Entsprechend müsste er im Jahr 2027 noch drei Viertel des jährlichen Abschreibungsbetrags ansetzen, 187,50 €.
Beispiel 2
Im zweiten Beispiel schafft der Spediteur Peter Kielow im Januar 2022 einen
Lastwagen für 100.000 € an. Er setzt eine Gesamtleistung von 400.000 Kilometern für das Fahrzeug an. Mit einem akribisch geführten Fahrtenbuch weist er die jährliche Leistung nach.
Für den
Jahresabschreibungsbetrag werden die Anschaffungskosten durch die Gesamtleistung dividiert (100.000 / 400.000 = 0,25 € pro Kilometer) und mit der Anzahl der im Jahr zurückgelegten Kilometer multipliziert. Die so errechneten Abschreibungen sind beispielhaft in folgender Tabelle aufgeführt:
Jahr
|
2022
|
2023
|
2024
|
2025
|
2026
|
2027
|
2028
|
2029
|
2030
|
2031
|
Gefahrene km
|
50.000
|
42.000
|
30.000
|
37.500
|
41.000
|
43.500
|
32.000
|
40.000
|
45.000
|
39.000
|
Abschreibung in € (km × 0,25)
|
12.500
|
10.500
|
7.500
|
9.375
|
10.250
|
10.875
|
8.000
|
10.000
|
11.250
|
9.750
|
Restbuchwert in €
|
87.500
|
77.000
|
69.500
|
60.125
|
49.875
|
39.000
|
31.000
|
21.000
|
9.750
|
0
|
Lastkraftwagen werden nach AfA-Tabelle über neun Jahre abgeschrieben. In diesem Fall wäre der Lkw mit der linearen Abschreibung schneller abgeschrieben gewesen. Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall: Hätte die Fahrleistung des Lasters in jedem Jahr 50.000 km (wie 2022) betragen, wäre er nach acht Jahren vollständig abgeschrieben gewesen. Die
leistungsabhängige Abschreibung ist näher an der tatsächlichen Nutzung eines Wirtschaftsguts, ist aber auch aufwendiger, weil die jeweilige Jahresleistung nachgewiesen werden muss.
Besondere Abschreibungen
Die bisher beschriebenen Abschreibungen werden auch "
planmäßige Abschreibungen" genannt, weil bei ihnen von einer Nutzung des Vermögensgegenstandes wie bei der Anschaffung geplant ausgegangen wird. Doch die Widrigkeiten des Lebens machen auch vor den Betriebstoren nicht halt.
So kann ein
technischer Defekt, der nicht behoben werden kann, dafür sorgen, dass eine Maschine nur noch eingeschränkt genutzt werden kann. Oder ein Brand zerstört eine Fabrikhalle. Oder die erworbenen Anteile an einem anderen Unternehmen sinken durch Verluste an der Börse enorm an Wert.
In solchen Fällen sind
außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG; § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB). Wenn der Grund für die
außerplanmäßige Abschreibung entfällt, sich etwa der technische Defekt an der Maschine durch ein neues Verfahren doch beheben lässt, müssen entsprechende Zuschreibungen vorgenommen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 7 EStG).
Während planmäßige Abschreibungen nur bei
Anlagevermögen und
immateriellem Vermögen vorgenommen werden können, sind außerplanmäßige Abschreibungen zur Wertberichtigung auch beim Umlaufvermögen (kurzfristig, dient nicht dauerhaft dem Geschäftsbetrieb) vorgeschrieben. Dies gilt insbesondere für Wertpapiere.
Im Steuerrecht gibt es außerdem
weitere Formen der
Abschreibung:
- Erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen sind beliebte Steuerungselemente in der Steuerpolitik. Sie sind vor allem in §§ 7b, 7g, 7h, 7i EStG geregelt.
- Kostet ein angeschaffter Vermögensgegenstand nicht mehr als 800 € netto (ohne Mehrwertsteuer), gilt er als geringwertiges Wirtschaftsgut. Er kann im Jahr der Anschaffung vollständig abgesetzt werden (§ 6 Abs. 2 EStG).
- Bei zahlreichen Vermögensgegenständen im Wert von 250 € bis 1.000 € (jeweils netto) kommt auch ein Sammelposten infrage, der über fünf Jahre linear abgeschrieben wird (§ 6 Abs. 2a EStG).
Für
Gebäude gelten besondere
Absetzungsvorschriften (§ 7 Abs. 4 bis Abs. 5a EStG).
Unterschiede zwischen Handels- und Steuerrecht
Einige Unterschiede zwischen Handels- und Steuerrecht sind bereits angeklungen: Während es im
Handelsrecht nur Abschreibungen gibt, heißt die planmäßige Abschreibung im
Steuerrecht "Absetzung für Abnutzung". Den außerplanmäßigen Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB entsprechen im Steuerrecht die Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (§ 7 Abs. 1 S. 7 EStG) oder die Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 EStG).
Die außerplanmäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB gilt für Anlagevermögen nur, wenn die
Wertminderung voraussichtlich
dauerhaft
ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauerhafter Wertminderung vorgenommen werden (§ 253 Abs. 3 Satz 6 HGB). Im Steuerrecht gibt es keine entsprechende Regelung.
Zu den
Sonderabschreibungen im Steuerrecht gibt es kein Äquivalent im Handelsrecht. Auch die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter ist im Handelsrecht nicht geregelt; es wird aber allgemein davon ausgegangen, dass sie mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung vereinbar ist.
Ein deutlicher Unterschied besteht bei der Nutzungsdauer eines entgeltlich erworbenen
Geschäfts- oder
Firmenwerts: § 253 Abs. 3 Satz 3 und 4 HGB legt sie auf zehn Jahre fest. In § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG hingegen heißt es: "Als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des
Geschäfts- oder Firmenwerts eines Gewerbebetriebs oder eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft gilt ein Zeitraum von 15 Jahren."
letzte Änderung S.P.
am 17.10.2023
Autor(en):
Stefan Parsch
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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