Aktivierungspflichtige Herstellungskosten einschließlich der Gemeinkosten

Stefan Parsch
 

Die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts oder Vermögensgegenstands sind nicht so einfach zu beziffern wie die Anschaffungskosten, zu denen üblicherweise eine Rechnung vorliegt. In die Herstellungskosten fließen auch Gemeinkosten ein, die ein Unternehmen erst in die Lage versetzen, überhaupt etwas herzustellen. Im Folgenden geht es darum, für welche Herstellungskosten eine Aktivierungspflicht in der Handels- und Steuerbilanz besteht. Die Kosten, für die es ein Wahlrecht oder ein Verbot gibt, werden am Ende des Artikels aufgeführt.

Herstellungskosten im Handels- und Steuerrecht

Das Handelsgesetzbuch (HGB) bezieht Herstellungskosten nicht allein auf die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten bei der erstmaligen Herstellung eines Vermögensgegenstands entstehen. Auch für die "Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung" (§ 255 Abs. 2 S. 1 HGB) können Herstellungskosten angesetzt werden.

Im Steuerrecht gibt es keine eigene Definition der Herstellungskosten. Über das Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) gilt die HGB-Definition auch für die Steuerbilanz. Bei den Herstellungskosten, bei denen ein Aktivierungswahlrecht besteht (siehe vorletzter Abschnitt), ist das Wahlrecht ist bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b, S. 2 EStG).

Aktivierungspflicht für Einzelkosten und variable Gemeinkosten

§ 255 Abs. 2 S. 2 HGB nennt explizit sechs Arten von Herstellungskosten. Für sie ergibt sich eine Aktivierungspflicht in der Handels- und der Steuerbilanz. Im Einzelnen sind es folgende:
  • Materialkosten (Materialeinzelkosten)
  • Zu den Materialkosten (ohne Materialgemeinkosten) werden die Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen gezählt. Rohstoffe für eine Maschine sind beispielsweise Stahl und Kunststoffe. Hilfsstoffe werden in kleinerem Maße für die Herstellung benötigt, etwa Auftragsmaterial beim Schweißen oder Leim und Nägel für die Verarbeitung von Holz. Zu den Betriebsstoffen gehören z. B. Brennstoffe oder Schmiermittel; sie werden bei der Herstellung verbraucht.
  • Fertigungskosten (Fertigungseinzelkosten)
  • Hierunter fallen insbesondere die Fertigungslöhne und die Maschinenkosten. Die Lohnkosten können aus den Fertigungszeiten und den Stundenlöhnen errechnet werden. Die Maschinenkosten beinhalten u. a. Energiekosten, Hilfsmaterialien, Wartungs- und Reparaturkosten.
  • Sonderkosten der Fertigung
  • Hierbei handelt es sich um weitere Einzelkosten, die dem einzelnen Produkt zugeordnet werden können, z. B. für Modelle, Schablonen, Analysen, (Spezial-)Werkzeuge, Patent- und Lizenzkosten. Im Rahmen eines erteilten Auftrags können auch Entwicklungs-, Versuchs- und Konstruktionskosten hinzugezählt werden.
  • Materialgemeinkosten
  • Sie gehören zu den variablen Gemeinkosten und bei ihnen wie auch bei den beiden folgenden Kostenarten fordert das HGB, "angemessene Teile" zu erfassen. Diese Kosten können nicht einzelnen Produkten direkt zugeordnet werden. Darunter fallen z. B. Kosten für die Beschaffung, Lagerung und Prüfung des Materials, die kalkulatorisch oder über eine Kostenstellenrechnung ermittelt werden können.
  • Fertigungsgemeinkosten
  • Auch diese Kosten sind Produkten nicht direkt zuordenbar. Beispiele sind Löhne und Gehälter, Kosten für Betriebsmittel, Energie und Hilfsstoffe im Fertigungsbereich.
  • Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist

Dieser Passus bezieht sich vor allem auf Abschreibungen, die mit der Fertigung im Zusammenhang stehen. "Angemessen" bedeutet in diesem Fall, dass außerplanmäßige Abschreibungen und Sonderabschreibungen außen vor bleiben müssen. ...

Letzte Änderung W.V.R am 18.11.2022

Autor(en): Stefan Parsch
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