Mit wenigen Ausnahmen unterliegen hierzulande alle Warenlieferungen und Dienstleistungen der
Umsatzsteuer, die in ihrer heute gebräuchlichen Form auch
Mehrwertsteuer genannt wird. Die Einzelheiten zur Umsatzsteuer sind insbesondere im Umsatzsteuergesetz (UStG), in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) und auf europäischer Ebene vor allem in der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL, Richtlinie 2006/112/EG) geregelt. Den Regelsteuersatz, ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen bestimmen die EU-Staaten im Rahmen der MwStSystRL-Vorgaben selbst.
Ermäßigter Steuersatz und Steuerbefreiungen in der Umsatzsteuer
In Deutschland gelten der
Regelsatz von 19 % und der ermäßigte Steuersatz von 7 %. Für die Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 sind im Zweiten Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise die Steuersätze auf 16 % (Regelsatz) und 5 % (ermäßigter Satz) reduziert worden. Da zuvor schon beschlossen wurde, Umsätze der Gastronomie (Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen) ab 01.07.2020 für ein Jahr mit dem ermäßigten Satz zu besteuern, ändert sich in dieser Branche der Steuersatz jetzt mehrfach: Bis Ende 2020 beträgt der Umsatzsteuersatz 5 %, anschließend 7 % und ab 01.07.2021 wieder 19 %. Ausgenommen davon sind Getränke.
Der
ermäßigte Steuersatz (§ 12, Anlage 2 UStG) wird vor allem auf Güter des täglichen Bedarfs und kulturelle Güter und Dienstleistungen erhoben. So wird bei den meisten Lebensmitteln 7 % (5 %) Umsatzsteuer fällig, Ausnahmen sind u. a. viele Getränke und Babynahrung. Seit 01.01.2020 gehören auch Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene (Anlage 2 Nr. 55 UStG) zu den begünstigten Waren. Medizinprodukte, wie Prothesen oder künstliche Gelenke, außerdem Rollstühle und Leistungen von Zahntechnikern unterliegen dem ermäßigten Satz, nicht aber Arzneimittel.
Anzeige
Skript Kostenrechnung
Umfassendes Skript für Studenten, Auszubildende und angehende Bilanzbuchhalter zu allen prüfungsrelevanten Themen aus der Kosten- und Leistungsrechnung als ebook im pdf-Format.
Preis 9,90 EUR,
Details hier >> (Für Premiummitglieder frei!)
Inklusive umfangreicher Übungsaufgaben und Lösungen.
Mit dem niedrigeren Steuersatz fördert der Gesetzgeber den öffentlichen Personennahverkehr und seit 01.01.2020 auch den Fernverkehr (ab 50 Kilometern) mit Schienenverkehrsmitteln. Übernachtungen in Hotels und ähnlichen Betrieben, Bücher, Zeitungen und andere Druckerzeugnisse, der Filmverleih und Eintritte zu kulturellen Veranstaltungen und Schwimmbädern sind steuerbegünstigt. Auch die Leistungen von Körperschaften für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke fallen unter den ermäßigten Steuersatz.
Steuerbefreiungen (§ 4 UStG) betreffen u. a. Heilbehandlungen, Briefmarken, Erziehung und Bildung, die Umsätze kultureller Einrichtungen der öffentlichen Hand und die Umsätze der Träger von Sozialleistungen. Auch für die Gewährung und Vermittlung von Krediten sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken wird keine Umsatzsteuer fällig. Botschaften und Konsulate anderer Staaten sowie Einrichtungen der NATO in Deutschland profitieren von 0 % Umsatzsteuer. Weitere Steuerbefreiungen gelten beim Export von Waren und bei der Lieferung von Gold an Zentralbanken (§ 4 Nr. 4 UStG).
Entwicklung der Umsatzsteuer- bzw. Mehrwertsteuersätze
Zeitraum
|
|
Regelsatz
|
|
Ermäßigter Steuersatz
|
01.01.1968 – 30.06.1968
|
|
10 %
|
|
5,0 %
|
01.07.1968 – 31.12.1977
|
|
11 %
|
|
5,5 %
|
01.01.1978 – 30.06.1979
|
|
12 %
|
|
6,0 %
|
01.07.1979 – 30.06.1983
|
|
13 %
|
|
6,5 %
|
01.07.1983 – 31.12.1992
|
|
14 %
|
|
7,0 %
|
01.01.1993 – 31.03.1998
|
|
15 %
|
|
7,0 %
|
01.04.1998 – 31.12.2006
|
|
16 %
|
|
7,0 %
|
01.01.2007 – 30.06.2020
|
|
19 %
|
|
7,0 %
|
01.07.2020 – 31.12.2020
|
|
16 %
|
|
5,0 %
|
ab 01.01.2021
|
|
19 %
|
|
7,0 %
|
Kurze Geschichte der Umsatzsteuer in Deutschland
Nachdem es in den deutschen Ländern ab 1685 erste Verbrauchssteuern gab, führte das Deutsche Reich im August 1918 (also noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs) das erste Umsatzsteuergesetz ein. Es handelte sich um eine
Allphasen-Bruttoumsatzsteuer, was bedeutet, dass bei Lieferketten der Warenwert einschließlich der auf jeder Handelsstufe erhobenen Steuer besteuert wurde. Je länger die Zulieferer- und Handelskette war, desto höher summierten sich die Steuern. Für Produzenten größerer Waren war es dadurch günstiger, möglichst viel selbst herzustellen und wenig einzukaufen, was die Entwicklung von Konzernstrukturen beförderte (viele Produktionsstufen unter einem Dach).
Im Zuge der Harmonisierung der Steuergesetzgebung in der Europäischen Gemeinschaft führte die Bundesrepublik Deutschland zum 01.01.1968 eine
Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit Vorsteuerabzug ein. Dies bedeutet, dass beispielsweise ein Unternehmer, der Waren von einem Zulieferer kauft, die darin enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer von der auf seine Produkte erhobenen Umsatzsteuer abziehen kann. So wird auf jeder Fertigungs- oder Handelsstufe nur der jeweils geschaffene Mehrwert besteuert, sodass der Begriff „Mehrwertsteuer“ für diese Form der Umsatzsteuer gerechtfertigt ist.
In der DDR galt die preußische Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
bis zur umfassenden Steuerreform am 18. September 1970.
Schauen Sie auch:
Umsatzsteuer buchen >>
letzte Änderung S.P.
am 22.03.2023
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / starast
|
Autor:in
|
Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
|
weitere Fachbeiträge des Autors
| Forenbeiträge
|
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserem Newsletter
Tragen Sie sich für den
kostenfreien und unverbindlichen
Newsletter von Rechnungswesen-Portal.de ein und erhalten Sie jeden Monat aktuelle Neuigkeiten und Urteile aus dem Rechnungswesen und Steuern. Wir informieren Sie über neue Fachartikel, über wichtige News, aktuelle Stellenangebote, interessante Tagungen und Seminare. Wir empfehlen Ihnen spannende Bücher und geben Ihnen nützliche Excel-Tipps. Verpassen Sie nie mehr wichtige Diskussionen im Forum und stöbern Sie in Software-Angeboten, die Ihnen den Arbeitsalltag erleichtern.
Beispiel-Newsletter >>
Jetzt Newsletter gratis erhalten
Eigenen Fachbeitrag veröffentlichen?
Sie sind Autor einer Fachpublikation oder Entwickler einer Excel-Vorlage? Gern können Sie sich an der Gestaltung der Inhalte unserer Fachportale beteiligen! Wir bieten die Möglichkeit Ihre Fachpublikation (Fachbeitrag, eBook, Diplomarbeit, Checkliste, Studie, Berichtsvorlage ...) bzw. Excel-Vorlage auf unseren Fachportalen zu veröffentlichen bzw. ggf. auch zu vermarkten.
Mehr Infos >>