Fehler in
Rechnungen sind immer ärgerlich. Besondere Aufmerksamkeit bei ihrer Korrektur verlangen jedoch Fehler bei der Angabe der
Umsatzsteuer, auch in Form der Mehrwertsteuer. Denn diese falschen Angaben haben steuerrechtliche Konsequenzen und eine Berichtigung muss bestimmten formalen Vorgaben genügen. Was die Rückwirkung berichtigter Rechnungen im Hinblick auf die Umsatzsteuer angeht, so hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der jüngeren Vergangenheit Vorgaben gemacht.
Verschiedene Fälle falsch ausgewiesener Umsatzsteuer
Im Wesentlichen gibt es
vier Fälle von falsch ausgewiesener Umsatzsteuer:
- Fall 1: Die Steuer wird in der Rechnung zu hoch ausgewiesen. Dies ist z. B. der Fall, wenn bei einer Rechnung über Lebensmittel 19 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden, obwohl für diese Lebensmittel nach Anhang 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der ermäßigte Steuersatz von 7 % gilt.
- Fall 2: Die Steuer wird in der Rechnung zu niedrig ausgewiesen. Wenn in einer Rechnung über ein Reitpferd nur 7 % Umsatzsteuer genannt werden, so war das früher tatsächlich einmal korrekt; heute jedoch ist der volle Steuersatz, also 19 %, fällig.
- Fall 3: Es wird eine Umsatzsteuer für eine steuerfreie Leistung ausgewiesen. So könnte in einer Rechnung über telefonisch erbrachte Beratungsleistungen zu Gesundheit und zu Krankheiten durch medizinisches Fachpersonal Umsatzsteuer geltend gemacht werden, obwohl diese Leistungen nach einem EuGH-Urteil vom 05.03.2020 (Az.: C-48/19) steuerfrei sind (§ 4 Nr. 14 Buchstabe a UStG i. V. m. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c MwStSystR (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU)).
- Fall 4: Es wird eine Umsatzsteuer ausgewiesen, obwohl der Rechnungsteller eine Privatperson ist oder als Kleinunternehmer nach § 19 UStG von der Umsatzsteuerpflicht befreit ist.
Natürlich gehören auch die Fälle dazu, in denen zwar der richtige
Umsatzsteuersatz angegeben, der
Steuerbetrag aber falsch berechnet und ausgewiesen worden ist.
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Rechtslage und Rechtsprechung
Die genannten Fälle haben unterschiedliche
Auswirkungen auf
die
Steuerpflichten des Rechnungsstellers und des Rechnungsempfängers, wenn dieser als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
- Fall 1: Bei zu hoch ausgewiesener Umsatzsteuer muss der Rechnungssteller den vollen ausgewiesenen Betrag an das Finanzamt überweisen (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Der Rechnungsempfänger ist hingegen nur berechtigt, den Betrag als Vorsteuer geltend zu machen, der sich aus der Anwendung des korrekten Steuersatzes (in diesem Fall 7 %) ergibt ("gesetzlich geschuldete Steuer" nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
- Fall 2: Bei zu niedrig ausgewiesener Umsatzsteuer schuldet der Rechnungssteller den gesetzlich vorgeschriebenen Betrag, nicht die in der Rechnung ausgewiesene Summe (Abschnitt 14c.1 Abs. 9 UStAE – Umsatzsteuer-Anwendungserlass). In diesem Fall darf der Rechnungsempfänger jedoch nur den Betrag als Vorsteuer abziehen, der in der Rechnung genannt ist, also den zu niedrigen Betrag (Abschnitt 14c.1. Ab. 10 Satz 1 UStAE). Die nicht entrichtete Steuerschuld des Rechnungsstellers ist nach § 233a AO zu verzinsen (Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.03.2009 – V R 48/07).
- Fall 3: Bei der ausgewiesenen Umsatzsteuer zu steuerfreien Umsätzen gilt grundsätzlich dasselbe wie bei der zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer: Der Rechnungssteller schuldet dem Staat den ausgewiesenen Betrag, der Rechnungsempfänger aber darf die Vorsteuer nicht ziehen.
- Fall 4: Wer als Privatperson oder Kleinunternehmer nicht dazu verpflichtet ist, Umsatzsteuer zu erheben, die Steuer in einer Rechnung aber ausweist, schuldet gemäß § 14c Abs. 2 UStG dem Finanzamt den ausgewiesenen Betrag. Der Rechnungsempfänger kann diesen Betrag unter Umständen als Vorsteuer abziehen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Rechnung eines Kleinunternehmers mit einem Betrag bis zu 250 Euro ("Kleinbetrag") alle nach § 33 UStDV (Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) erforderlichen Angaben enthält (§ 35 Abs. 1 UStDV). Für die Rechnungsberichtigung gelten dann besondere Bedingungen (siehe Abschnitt "Unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer").
Die Steuergesetze führen also dazu, dass die umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer auch bei fehlerhaften Rechnungen dem Staat in jedem Fall
Umsatzsteuer schulden, unter Umständen sogar mehr als gesetzlich vorgeschrieben.
Rechnungsberichtigung
Das Umsatzsteuergesetz unterscheidet zwischen
unrichtigem und
unberechtigtem Steuerausweis (§ 14c UStG). Der unrichtige Steuerausweis entspricht den oben genannten Fällen 1 bis 3, der unberechtigte Steuerausweis dem Fall 4.
Unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer
Bei unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer (und auch bei anderen fehlerhaften Angaben) kann der Rechnungssteller die
Rechnung berichtigen (§ 14 Abs. 6 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 UStDV). Nicht erlaubt ist, dass der Rechnungsempfänger die Angaben in der Rechnung korrigiert, selbst wenn er es im Beisein und/oder mit dem Einverständnis des Rechnungsstellers tut.
In Fall 2 (zu niedrig ausgewiesene Umsatzsteuer) muss der Rechnungssteller im Zuge der Berichtigung den ursprünglich
nicht
ausgewiesenen
Betrag der Umsatzsteuer
nachzahlen. Der Rechnungsempfänger ist nun zum Vorsteuerabzug in gesetzlicher Höhe berechtigt.
In Fall 1 und 3 wird nach einer Rechnungsberichtigung die zu viel gezahlte Umsatzsteuer mit der folgenden Umsatzsteuervoranmeldung verrechnet. Der Rechnungsempfänger ist nun zum
Vorsteuerabzug in gesetzlicher Höhe berechtigt.
Unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer
Etwas anders stellt sich die Situation bei unberechtigtem Steuerausweis dar, wenn der Rechnungssteller die falsch ausgewiesene Steuer bereits an das Finanzamt überwiesen hat. Denn in diesem Fall gilt nach
§ 14c Abs. 2 Satz 3 UStG, dass vor einer Berichtigung die "Gefährdung des Steueraufkommens" beseitigt werden muss.
"Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist“ (§ 14c Abs. 2 Satz 4 UStG).
Weil das Steueraufkommen nicht gefährdet werden darf, muss der
Rechnungssteller gegenüber dem
Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer für ungültig erklären. Zudem kann bei unberechtigtem Umsatzsteuerausweis die Berichtigung der Rechnung nur mit Zustimmung des Finanzamtes erfolgen. Die Zustimmung darf erst gegeben werden, wenn endgültig feststeht, dass jegliche Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist (BFH-Urteil vom 08.11.2016, Az. VII R 34/15).
Rückwirkung der Rechnungsberichtigung
Lange Zeit galt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass eine Rechnungsberichtigung im Hinblick auf die Vorsteuer
keine rückwirkenden Konsequenzen hat. Wenn beispielsweise eine Rechnung aus dem Jahr 2022 mit zu niedrig ausgewiesener Umsatzsteuer erst 2023 korrigiert wurde, dann konnte der Rechnungsempfänger die ihm gesetzlich zustehende Vorsteuer erst 2023 geltend machen.
Mit Urteil vom 15.09.2016 (Rechtssache C-518/14) hat der EuGH jedoch entschieden, dass der Berichtigung einer Rechnung hinsichtlich einer zwingenden Angabe Rückwirkung zukommen kann. Mit dem Urteil vom 20.10.2016 (Az. V R 26/15) hat der BFH dies in die deutsche Rechtsprechung überführt: Eine
Stornierung der fehlerhaften Rechnung und eine korrigierte Rechnung wirken auf den ursprünglichen Zeitpunkt der Rechnungstellung zurück.
Allerdings muss die fehlerhafte Rechnung bestimmte
Mindestangaben enthalten: Name und Anschrift der Vertragsparteien, Leistungsbeschreibung, Entgelt und die explizit ausgewiesene Umsatzsteuer. Nach dem BFH-Urteil vom 22.01.2020 spielt für die Rückwirkung keine Rolle, ob die Rechnungsberichtigung sich zum Vorteil oder zum Nachteil des Rechnungsempfängers auswirkt.
Besonderheiten bei Gutschriften
In manchen Wirtschaftsbereichen schreibt ein Auftragnehmer keine Rechnung an den Auftraggeber. Stattdessen erfolgt die
Abrechnung dann über eine
Gutschrift, etwa im Medienbereich: Das Medienhaus listet in einer Aufstellung auf, was ein freier Journalist im Abrechnungszeitraum (z. B. Monat) geleistet hat und weist in einer Gutschrift den Betrag aus, der ihm überwiesen wird.
Die Gutschrift ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG der Rechnung gleichgestellt. Auch in Gutschriften kann die Umsatzsteuer falsch ausgewiesen werden, etwa, wenn der freie Journalist als
Kleinunternehmer nicht zur Erhebung der Umsatzsteuer verpflichtet ist.
Wer Gutschriften erhält, sollte jedenfalls darauf achten, dass sie keine unberechtigte Umsatzsteuerangabe enthält. Denn nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17.11.2014 (Az. 15 K 2469/13 U) schuldet der Kleinunternehmer den Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, sofern er der Gutschrift nicht widerspricht; zum
Widerspruch (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG) gehört, dass die Gutschrift unterschrieben an den Aussteller der Gutschrift zurückgesendet wird.
Auch bei der Gutschrift gelten im Hinblick auf die Steuerschuld die oben genannten Mindestangaben: Name und Anschrift des Ausstellers und des Empfängers der Gutschrift, Leistungsbeschreibung und -entgelt sowie explizit ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag.
letzte Änderung S.P.
am 29.07.2024
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Brigitte Götz
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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