In der doppelten
Buchführung werden
Geschäftsvorfälle auf verschiedenen Konten gebucht. In diesem Zusammenhang tauchen die Begriffe "Kontenrahmen" und "Kontenplan" auf, die jedoch nicht immer deutlich auseinandergehalten werden. Der folgende Artikel klärt nicht nur die Begriffe, sondern geht auch auf die Entwicklung von Kontenrahmen, deren Vorteile und den Aufbau von Standardkontenrahmen ein. Abschließend wird ansatzweise gezeigt, wie ein Kontenplan aus einem Kontenrahmen erstellt werden kann.
Kontenrahmen und Kontenplan
Ein
Kontenrahmen ist ein
systematisches Verzeichnis aller Buchungskonten, die in einem Unternehmen Verwendung finden können. Es gibt eine Reihe von Kontenrahmen, die speziell für bestimmte Wirtschaftsbranchen entwickelt wurden, aber es existieren auch Standardkontenrahmen, die grundsätzlich von jedem Unternehmen – unabhängig von Größe und Gesellschaftsform – angewendet werden können.
Auch ein
Kontenplan ist ein systematisches Verzeichnis aller Buchungskonten, aber
individuell abgestimmt auf ein einzelnes Unternehmen. Jedes Unternehmen ist anders und häufig benötigt eine Firma nicht alle Konten, die in einem Kontenrahmen aufgeführt sind. Wenn ein Unternehmen beispielsweise keine Grundstücke und Immobilien besitzt, werden alle Konten für diese Art des Unternehmensvermögens nicht benötigt; sie brauchen nicht in den Kontenplan aufgenommen zu werden. Umgekehrt ist ein Kontenrahmen an manchen Stellen womöglich nicht detailliert genug, so dass zusätzliche Untergruppen und Einzelkonten angelegt werden sollten.
Ein Kontenrahmen oder Kontenplan ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Dennoch lassen sich beide Systematiken auf das
Handelsgesetzbuch (
HGB) zurückführen. Nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB hat jeder Kaufmann seine Buchhaltung an den "Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung" (
GoB) auszurichten. Die GoB sind zwar ein unbestimmter Rechtsbegriff, doch die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln haben sich über viele Jahrzehnte durch Wissenschaft, Praxis und Rechtsprechung etabliert. Der "Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit" ist dabei einer der wichtigen Rahmengrundsätze der GoB, dem durch die Nutzung von Kontenrahmen und Kontenplan entsprochen wird.
Der Kontenplan zählt zu den "sonstigen Organisationsunterlagen" nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 HGB sowie § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO (Abgabenordnung); er ist dementsprechend zehn Jahre lang aufzubewahren.
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Entwicklung von Kontenrahmen in Deutschland
Die Entwicklung von Kontenrahmen wird zwei Mitbegründern und Pionieren der Betriebswirtschaftslehre als akademischem Fach zugeschrieben: Dem Schweizer
Johann Friedrich Schär (1846 bis 1924) und dem Deutschen
Eugen Schmalenbach (1873 bis 1955). Schmalenbach veröffentlichte 1927 in der Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung den Artikel "Der Kontenrahmen" und lieferte damit wesentliche Impulse für die Entwicklung moderner Kontenrahmen.
Als Erstes wurde das Konzept im
Bankensektor aufgegriffen: Sparkassen setzten bereits 1933 einen Kontenrahmen ein, Volksbanken probierten jahrelang einen eigenen Kontenrahmen aus, bevor er 1941 flächendeckend eingeführt wurde. Im Rahmen der "Richtlinien zur Organisation der Buchführung" vom 11.11.1937 erstellte das Reichswirtschaftsministerium eine
Kontenübersicht, die als "Erlasskontenrahmen" bezeichnet wird, weil sie per Erlass als verbindlich für die deutschen Unternehmen erklärt wurden.
Nach dem 2. Weltkrieg gab 1951 der "Betriebswirtschaftliche Ausschuss des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)" den Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie (
GKR) heraus. Nach und nach wurden für andere Wirtschaftsbranchen weitere Kontenrahmen entwickelt. Der BDI war 1971 erneut Vorreiter, als er mit dem
Industriekontenrahmen (IKR) erstmals einen Kontenrahmen nach dem Abschlussgliederungsprinzip entwickelte – der IKR ist nach dem Vorbild der
Bilanz nach § 266 HGB im
Jahresabschluss gegliedert (siehe auch Abschnitt "Aufbau von Standardkontenrahmen").
1966 gründeten 65 Steuerbevollmächtigte im Kammerbezirk Nürnberg die
DATEV (Datenverarbeitungsorganisation der Steuerbevollmächtigten für die Angehörigen des steuerberatenden Berufes in der Bundesrepublik Deutschland). Das Ziel der Gründer war es, die Buchführung ihrer Mandanten mit Hilfe der
elektronischen Datenverarbeitung zu erledigen, was damals noch mit Hilfe von Lochstreifen umgesetzt wurde. 1985 brachte die DATEV mit dem SKR 04 den ersten Standardkontenrahmen heraus. Anlass war das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG), das eine Harmonisierung mit EU-Recht darstellte.
Vorteile von Kontenrahmen
Nur der
Erlasskontenrahmen von 1937 war für die Unternehmen verbindlich, seitdem sind Kontenrahmen nicht gesetzlich vorgeschrieben. Dass sie sich dennoch allgemein durchgesetzt haben, hat mit verschiedenen
Vorteilen zu tun:
- Ein Kontenrahmen führt zu einer eindeutigen, einheitlichen und übersichtlichen Bezeichnung aller Konten in der Buchführung.
- Durch seine Standardisierung ermöglicht ein Kontenrahmen in mehrfacher Hinsicht eine Vergleichbarkeit:
- Verschiedene Wirtschaftsjahre sind miteinander vergleichbar.
- Die Buchhaltung verschiedener Unternehmen kann verglichen werden, was für staatliche Stellen von Interesse ist.
- Auch Konzerne sind daran interessiert, dass ihre unterschiedlichen Unternehmen miteinander vergleichbar sind.
- Durch einen einheitlichen Kontenrahmen können verschiedene Softwareprogramme miteinander vernetzt werden, etwa Buchhaltungs- und Steuerprogramme.
- Schließlich erleichtert ein Kontenrahmen die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, die einen Standardkontenrahmen aus der Ausbildung oder einem anderen Unternehmen kennen.
Aufbau von Standardkontenrahmen
Die am häufigsten verwendeten Kontenrahmen sind
SKR 03 und
SKR 04, die allgemeinen Standardkontenrahmen der DATEV. Sie unterscheiden sich – wie der Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie (GKR) von 1951 und der Industriekontenrahmen (IKR) von 1971 – im Aufbauprinzip.
GKR und SKR 03 sind nach dem
Prozessgliederungsprinzip gestaltet: So stehen die Wareneingangskonten vor den Konten für betriebliche Aufwendungen und Bestände an Erzeugnissen und diese wiederum vor den Erlöskonten. IKR und SKR 04 folgen hingegen dem
Abschlussgliederungsprinzip und sind nach den Erfordernissen für den Jahresabschluss gegliedert. Tendenziell nutzen
Start-ups und kleine Unternehmen eher den SKR 03, mittelständische und große Unternehmen eher den SKR 04.
Außerdem gibt es
Standardkontenrahmen für einzelne Branchen, z. B.:
- SKR 14: Land- und Forstwirtschaft
- SKR 45: Heime und soziale Einrichtungen (Pflege-Buchführungsverordnung – PBV)
- SKR 42: gemeinnützige Körperschaften (Vereine, Stiftungen, gemeinnützige GmbHs)
- SKR 51: Kfz-Händler und -Werkstätten
- SKR 70: Hotel und Gaststätten
- SKR 80: Zahnärzte
- SKR 81: Arztpraxen
- SKR 99: Krankenhäuser und freier Kontenrahmen (Basis zum Selbstbearbeiten)
Mit Ausnahme des SKR 51, der von der Gütegemeinschaft Rechnungswesen und
Controlling im Kfz-Gewerbe e.V. betreut wird, sorgt bei den aufgeführten SKR die DATEV dafür, dass sie stets der aktuellen Gesetzgebung entsprechen.
Alle in Deutschland verwendeten Kontenrahmen sind grundsätzlich in
zehn Klassen eingeteilt, von 0 bis 9 (Ziffer 1 einer Kontonummer). Weitere Untergliederungen werden i. d. R. in Kontengruppen (Ziffer 2), Kontengruppen (Ziffer 3) und Einzelkonten (Ziffer 4) vorgenommen. Bei
Personenkonten werden fünf Ziffern für ein Konto verwendet.
Beispiel:
Das Konto 1261 steht im SKR 04 für das Umlaufvermögen (Ziffer 1), Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände (Ziffer 2), Forderungen gegen verbundene Unternehmen (Ziffer 3) mit einer Restlaufzeit von einem Jahr (Ziffer 4). Wer die grundlegende Systematik im Kopf hat, findet schnell das richtige Konto für jeden Geschäftsvorfall.
Der SKR 03 besteht aus folgenden Klassen:
- 0: Anlage- und Kapitalkonten
- 1: Finanz- und Privatkonten
- 2: Abgrenzungskonten
- 3: Wareneingangs- und Bestandskonten
- 4: Betriebliche Aufwendungen
- 7: Bestände an Erzeugnissen
- 8: Erlöskonten
- 9: Vortrags- und statistische Konten
Die Klassen 5 und 6 sind nicht vergeben, können aber für (sonstige)
betriebliche Aufwendungen genutzt werden. Der SKR 04 setzt sich wie folgt zusammen:
- 0: Anlagevermögen (Bestand: Aktiv)
- 1: Umlaufvermögen (Bestand: Aktiv)
- 2: Eigenkapitalkonten (Bestand: Passiv)
- 3: Fremdkapitalkonten (Bestand: Passiv)
- 4: Betriebliche Erträge (Erfolg: Ertrag)
- 5: Betriebliche Aufwendungen (Erfolg: Aufwand)
- 6: Betriebliche Aufwendungen (Erfolg: Aufwand)
- 7: Weitere Erträge und Aufwendungen (Erfolg: Aufwand, Ertrag)
- 9: Vortrags- und statistische Konten (Bestand: Rechnungsabgrenzung usw.)
Der IKR ist zwar ebenfalls nach dem Abschlussgliederungsprinzip aufgebaut, unterscheidet sich dennoch deutlich vom SKR 04. Denn beim IKR stellen die Finanzbuchhaltung (
externes Rechnungswesen) und die
Kosten- und Leistungsrechnung (internes Rechnungswesen) jeweils in sich
geschlossene Kontenkreise dar (Zweikreissystem). SKR 03 und SKR 04 sind hingegen Einkreissysteme.
Generierung eines Kontenplans aus einem Kontenrahmen
Vor der Erstellung eines Kontenplans für ein bestimmtes Unternehmen steht die Auswahl eines geeigneten Kontenrahmens. Das kann der GKR, der IKR, der SKR 03, der SKR 04, ein branchenspezifischer Standardkontenrahmen oder ein anderer Kontenrahmen sein. Entscheidend ist nur, dass die folgenden
Positionen im Kontenplan enthalten sind:
- Anlage- und Umlaufvermögen
- Eigen- und Fremdkapital
- Summen- und Saldenvorträge
- Erlöse und Aufwendungen
- statistische Konten
Wenn der SKR 04 verwendet wird, dann sollten
unternehmensspezifische Anpassungen vorgenommen werden. So sind in der Klasse 0 (Anlagevermögen) die Gruppen 02 (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten) und 07 (Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau) enthalten. Wenn eine Firma sich in einem Gebäude oder Gebäudeteil eingemietet hat und eine Änderung dieses Zustands nicht geplant ist, dann sind diese beiden Gruppen schlicht überflüssig. Ebenso benötigt ein
Dienstleistungsunternehmen i. d. R. keine Gruppen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (Gruppe 10) sowie fertige Erzeugnisse und Waren (Gruppe 11). Im Kontenplan kann auf diese Gruppen, wie auf viele andere auch, verzichtet werden.
Umgekehrt können auch Konten ergänzt werden. Das Konto 1810 bezeichnet etwa das Guthaben bei
Bank 1. Wenn das Unternehmen bei dieser Bank mehrere Girokonten hat, können die Konten 1811, 1812 usw. dafür ergänzt werden. In Klasse 9 sind die Personenkonten für einzelne Kunden und Lieferanten nur mit 10000 bis 69999 (Debitoren/Kunden) und 70000 bis 99999 (Kreditoren/Lieferanten) angegeben. Dies muss ohnehin auf das jeweilige Unternehmen angepasst werden.
Schließlich können im Zuge einer Kontenplanerstellung auch
Anpassungen bei den
Kontennamen vorgenommen werden: So könnte beispielsweise die Bezeichnung für das Konto 7144 von "Zinserträge aus der Abzinsung von Pensionsrückstellungen und ähnlichen/vergleichbaren Verpflichtungen zur Verrechnung nach § 246 Abs. 2 HGB" auf "Zinserträge Abzinsung Pension" verkürzt werden. Bei Bedarf können Konten auch vollständig umbenannt werden.
letzte Änderung S.P.
am 16.03.2023
Autor(en):
Stefan Parsch
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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