Die
Inventur zählt zu den ungeliebten Pflichten, die das Handelsgesetzbuch vorschreibt (§ 240 HGB). Jeder bilanzierende Unternehmer muss ein Bestandsverzeichnis (Inventar) erstellen, indem er alle Vermögensgegenstände und Schulden seines Unternehmens erfasst. Dieses Inventar muss regelmäßig überprüft werden (Inventur), in der Regel zum 31. Dezember eines Jahres (
Stichtagsinventur). Mindestens alle drei Jahre müssen Unternehmen eine sogenannte
körperliche Inventur durchführen. Dabei werden alle körperlichen Gegenstände im Inventar gezählt. Erhebliche Werte finden sich vor allem im
Anlagevermögen: Maschinen, Gebäude oder Fuhrpark. Traditionell greifen Unternehmen bei der
Anlageninventur zu Stift und Zettel. Mitarbeiter prüfen dabei die Bestände anhand ausgedruckter
Excel-Tabellen. Eine umständliche und zeitintensive Methode, die zudem anfällig für Fehler ist. Fehler können bei der eigentlichen Inventur durch Verzählen vorkommen wie auch beim Eingeben in das führende ERP-System (z.B. SAP). Viele Unternehmen denken daher darüber nach, ihre
Anlageninventur zu digitalisieren. RECHNUNGSWESEN-Portal.de sprach mit Christian Jeske vom deutschen Softwareanbieter Membrain, der auf
digitale Analgeninventur spezialisiert ist.
Herr Jeske, welche Faktoren sprechen aus Sicht Ihrer Kunden für den Wechsel zu einer digitalen Anlageninventur?
Christian Jeske: Grundsätzlich besteht bei unseren Kunden die Herausforderung, effizienter arbeiten zu müssen. Das betrifft nicht nur die Geschwindigkeit bei der Inventur, sondern auch die
Datenqualität. Aktuelle Situationen wie z.B. der Fachkräftemangel verschärfen diese Notwendigkeit. Zudem gibt auch der Gesetzgeber im §240 HGB vor, dass spätestens alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme des Anlagevermögens, somit Anlageninventur, erfolgen muss. Für den Umstieg auf eine digital Anlageninventur gibt es mehrere Treiber: Unternehmen haben ein ökonomisches Interesse daran, eine digitale Anlageninventur zu machen, um Kosten kurz- und mittelfristig zu reduzieren.
Das betrifft vorrangig
Versicherungsprämien, die eingespart werden können. Denn ich möchte als Unternehmer natürlich nur die Anlagegüter versichern, die auch tatsächlich im Unternehmen vorhanden sind. Das setzt einen hohen Grad an Transparenz voraus. Der Inventurprozess muss daher transaktionssicher und valide sein, so dass das Unternehmen nachweisen kann, dass in der Inventur gezähltes Inventar auch tatsächlich vorhanden ist. Dafür braucht das Unternehmen einen transparenten Prozess, aus dem hervorgeht: Wer hat wann, was, wo und wie erfasst? Auch
Wirtschaftsprüfer fordern eine Optimierung des Anlageninventurprozesses, um durch bessere Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Inventur ein eindeutiges Inventurergebnis zu erhalten. Dank unserer App lässt sich das schnell und einfach erledigen. Die Möglichkeit, per Foto einen Beleg des Inventars an den Inventurauftrag zu ergänzen, ist ein zusätzliches hilfreiches Feature. Im Ergebnis eliminiert außerdem ein Inventurergebnis mit hoher Datenqualität aufwändige, lästige sowie zeitfressende Nacharbeiten.
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Lässt sich beziffern, wie hoch der Gewinn an Sicherheit und Geschwindigkeit einer digitalen Anlageninventur gegenüber einer herkömmlichen Inventur mit ausgedruckten Excel-Tabellen ausfällt? Welche Erfahrungswerte haben Sie?
Jeske: Eine analoge Inventur mit Stift und Zettel kostet sehr viel Zeit, Vorbereitung sowie Nacharbeit. Arbeitet man digital mit einer App und Barcodes, kann der Erfassungsprozess fünfmal so schnell durchgeführt werden. Diese Zahl wurde in der Praxis erhoben und von unabhängigen Experten bestätigt. Der eindeutige Scan eines Anlageguts verhindert außerdem manuelles Verzählen oder falsches Erfassen. Außerdem wird das Inventurergebnis medienbruchfrei direkt ins ERP-System (z.B. SAP) übermittelt; auch das spart viel Zeit.
Sie sprachen von einem Barcode, mit dem alle Maschinen und andere Anlagegüter versehen werden müssen. Das hört sich aufwendig an. Mit welchem Zeitaufwand muss ich als Unternehmer rechnen, wenn ich eine digitale Anlageninventur einführen möchte?
Jeske: Das ist richtig: In der Regel wird das Inventar mit einem Barcode versehen, um es im Anschluss digital zu erfassen. In der Praxis stellen wir häufig fest, dass Unternehmen ihre Anlagengüter sowieso bereits mit einem Label versehen. Diese Labels können wir verwenden. Wenn man tatsächlich bei null anfängt, müssen erst alle Anlagegüter mit einem Barcode belabelt und “verheiratet” werden. Das bedeutet konkret: Das Label mit dem Barcode, Strichcode oder QR-Code wird im System mit dem Anlagegut verknüpft.
Gehen wir davon aus, dass mein Beispielunternehmen bisher noch keine Labels verwendet und ganz frisch mit einer digitalen Anlageninventur beginnen möchte.
Mit welchem Zeitaufwand muss ich rechnen?
Jeske: Man kann davon ausgehen, dass die Erstinventur, also das Belabeln, ungefähr so lange dauert wie eine manuelle Inventur. Bei einer analogen Inventur muss man sowieso jedes Anlagegut anfassen und zählen. Dabei wird dann das Label gesetzt und per App erfasst. Ab der nächsten Inventur profitiert das Unternehmen dann von der erwähnten Zeiteinsparung und Kostenreduktion.
Ohne Label geht es nicht?
Jeske: Einige unserer Kunden, insbesondere solche mit einem sehr großen Anlageninventar, führen die digitale Inventur auch ohne Label durch. Hier werden Kostenstellenverantwortliche (
Inventur nach Kostenstelle, Anm. D. Red.) in die Pflicht genommen. Diese bekommen bei der Inventur eine digitale Liste mit dem aktuellen Inventarbestand laut System. Per Haken oder Mengenangabe wird dann die elektronische Liste abgearbeitet und zurückgemeldet. Mit dem anschließenden Verbuchen des Inventurergebnisses schließt der Kostenstellenverantwortliche den Prozess ab und spielt die neuen aktualisierten Daten zurück ins System.
Gibt es auch weitere Beispiele oder Möglichkeiten?
Jeske: Gerade technologisch hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Vor allem im produzierenden Bereich treffen wir bereits oft auf Maschinen, die mit digitalen Schnittstellen ausgestattet sind und keine Labels benötigen. Hier können wir mit Hilfe von Steuerungen ein Signal abgreifen. Dieses gibt Auskunft darüber, ob eine Maschine vorhanden oder in Betrieb ist oder sogar, wann sie sich zum letzten Mal gemeldet hat. Dieser Ping wird als Inventur-Event verwendet. Ein manuelles Ablaufen des Maschinenparks fällt somit weg, da wir die Maschine eindeutig identifizieren können. Nur wenn eine Maschine keine Rückmeldung sendet, wenn sie zum Beispiel gewartet wird oder bereist verkauft oder verschrottet ist, muss manuell nachhakt werden.
Könnte ich also vorhandene Prozesse nutzen, ohne alle Anlagegüter zu labeln?
Jeske: Das Verwenden von vorhandenen Labels stellt keinerlei Probleme dar. Außerdem treffen wir immer wieder auf die Situation, dass Unternehmen bereits vorhandene Prozesse im Einsatz haben. So werden im Wareneingang neue Anlagen direkt mit einem Label beklebt und später im System aktiviert.
So viel zur technischen Seite. Hinzu kommt die Personalseite. Ich muss als Unternehmer meine Mitarbeiter schulen, eventuell muss ich sogar neues Personal rekrutieren. Welcher Aufwand kommt da aus Ihrer Erfahrung auf ein Unternehmen zu?
Jeske: Ein wichtiger Faktor bei der digitalen Inventur ist die intuitive Bedienung der Lösung. Den Umgang mit Smartphones und Tablet PC kennen wir aus dem privaten Gebrauch. Wir alle greifen täglich oft zum Handy und nutzen bequem leistungsstarke Apps. Dies nutzen wir für unsere Lösung. Speziell reduzierte und intuitive Anwendungen kann man Fachbereichen problemlos schulungsfrei zur Verfügung stellen. Oftmals bewegen wir uns im hochkomplexen IT-Umfeld (zum Beispiel SAP), haben aber Anwender, die ziemlich weit weg von IT-Themen sind.
Das gilt es, zusammen zu bringen. So liefert unsere App alle Informationen, die wir automatisiert bereitstellen können (User, Datum, dedizierte Informationen), um den Arbeitsablauf so komfortabel und schnell wie möglich zu machen. Die eigentliche Aufgabe ist letztlich das Scannen der Barcodes. Unerwartet gefundenes Inventar meldet die App. Stimmt die tatsächliche Menge der Anlagegüter nicht mit der Liste überein, registriert das die App. Tatsächliche Werte werden eingegeben und gemeldet. Wenn die Mitarbeitenden die Erfahrung machen, dass sie tatsächlich Zeit und Arbeit sparen, dann werden neue Technologien auch begeistert und positiv angenommen.
Wie sieht das bei globalen Unternehmen mit Standorten in vielen Ländern aus, wie lösen Sie hier die Sprachprobleme?
Jeske: Eine Inventur über mehrere Standorte und Länder zu organisieren wird schnell sehr komplex. Auch mit einer schnellen Rückmeldung ist in der Regel nicht zu rechnen. Gerade hier spielt aber eine digitale Lösung ihre Stärken aus. Die Membrain Standard-App ist in vielen Landessprachen verfügbar und eignet sich deshalb auch für den Einsatz in mehreren Regionen. So können Inventuraufträge zentral geplant und dann an die verschiedenen Standorte verteilt werden. Die Inventurergebnisse meldet die App zeitnah an das ERP-System zurück.
Welche künftigen Entwicklungen erwarten Sie in der digitalen Anlageninventur?
Jeske: Lassen Sie uns dabei die aktuelle Situation betrachten: Wir stecken in schwierigen Zeiten, umrahmt von großen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel. Gleichzeitig steigen die Anforderungen sowie der Umfang der Aufgaben. Die Antwort kann nur in der Automatisierung liegen. Wir müssen den Menschen Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie schneller, effizienter und fehlerfreier arbeiten können.
Das spielt Anbietern wie uns sehr stark in die Karten und wir sehen eine stark steigende Nachfrage nach unseren Lösungen. Der Druck auf Unternehmen und Fachabteilungen wächst, denn zusätzliches Personal ist oftmals keine Option. Also benötigt man leistungsstarke Lösungen und digitale Strategien, denn ein Jonglieren mit Excel funktioniert nicht mehr. Generell wird Technologie günstiger und besser zugänglich. IT-Themen ziehen nach und nach in immer mehr Fachbereiche ein; dies konfrontiert z.B. Buchhalter mit komplexen und erklärungsbedürftigen Systemen. Standardisierung hilft hier, IT-Projekte überschaubarer zu machen und dank intuitiven Lösungen auch die Akzeptanz bei den Anwendern zu erlangen.
Zusammenfassend würde ich sagen: Die gegenwärtige Situation rund um Covid oder den beschrieben Fachkräftemangel haben dem Thema Digitalisierung enormen Auftrieb gegeben. Viele Unternehmen haben die Notwendigkeit verstanden, sich neu auszurichten, was sich auch in einer gestiegenen Investitionsbereitschaft deutlich widerspiegelt.
Die Fragen stellte Wolff von Rechenberg
Christian Jeske
ist Marketing-Leiter bei der
Membrain GmbH. Er verantwortet seit mehr als 5 Jahren das strategische Marketing sowie die Bereiche Kommunikation, PR und Partner. Der Diplom-Betriebswirt studierte an der Fachhochschule Landshut sowie an der Ocean University of Quingdao, China und blickt auf mehr als 15 Jahre Erfahrung im strategischen Marketing im IT Umfeld zurück.
Quelle:
Membrain GmbH
letzte Änderung W.V.R.
am 07.03.2023
Autor(en):
Wolff von Rechenberg
Bild:
Membrain GmbH
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