Pensionsrückstellungen werden für bestimmte Pensionsverpflichtungen gebildet, bei denen ein Unternehmen einzelnen Arbeitnehmern künftige Versorgungsleistungen nach Erreichen der Pensionsgrenze gewähren wollen. Ob, wann und in welcher Höhe die Leistungen anfallen, ist allerdings unsicher. Die Verpflichtung ergibt sich aus einer
Direktzusage der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) oder durch mittelbare Verpflichtungen, etwa, wenn eine
Pensionskasse eingebunden wird. Die betriebliche Altersvorsorge in Deutschland fußt auf drei Säulen: der gesetzliche Rentenversicherung, der privaten Eigenvorsorge und eben den möglichen Pensionsverpflichtungen der Unternehmen. Der Beitrag geht wegen der Komplexität des Themas vor allem auf grundlegende Aspekte bei der Bildung von Pensionsrückstellungen ein.
Wofür werden Pensionsrückstellungen gebildet?
Rechtliche Grundlage für Pensionsrückstellungen ist das
Betriebsrentengesetz (BetrAVG) vom 19. Dezember 1974, das laufend überarbeitet und ergänzt wird. Der Begriff „Pension“ steht im Kontext mit Rückstellungen allgemein für die betriebliche Altersvorsorge.
Welchen Umfang Pensionsrückstellungen haben, hängt von den Vereinbarungen von Arbeitgeber und -nehmer ab. Verpflichtend ist der
Ansatz der Pensionszusage (Altersruhegeld). Hierbei können auch Leistungen für den Fall von Invalidität oder Todesfall einbezogen werden. Grundlage für die Vereinbarungen sind in der Regel Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder die Besoldungsordnung. Die Pensionsrückstellungen erhöhen sich jährlich, bis der Versorgungsfall eintritt.
Eine Pensionszusage ist eine
Direktzusage, bei der die Verpflichtung zur Erfüllung der Zusage ausschließlich beim Arbeitgeber liegt und nicht an Dritte weitergegeben werden. Entsteht ein Anspruch eines Arbeitnehmers, ist der Arbeitgeber zur Erfüllung dieser Ansprüche verpflichtet.
Von der Direktzusage ist die
mittelbare Verpflichtung zu unterscheiden. Mittelbare Verpflichtungen ergeben sich, wenn externe Träger, etwa Pensionsfonds oder Unterstützungskassen, einbezogen werden.
Bei direkten Pensionsverpflichtungen fließen die Versorgungsleistungen nach Eintritt des Rentenfalls direkt vom Unternehmen an die jeweiligen Mitarbeiter. Bei mittelbaren Pensionsverpflichtungen fallen jährliche regelmäßige Beitragszahlungen ab dem Zeitpunkt der Pensionszusage an die Beschäftigten an.
Voraussetzung für die Bildung von Pensionsrückstellungen ist, dass eine Verpflichtung in der Vergangenheit entstanden ist und dass die Inanspruchnahme hinreichend wahrscheinlich ist.
Handelsbilanz:
Nach § 249 Abs. 1 HGB gilt für Pensionsverpflichtungen aus
Direktzusagen eine Passivierungspflicht. Es gibt eine Ausnahme: Bei „Altzusagen”, deren Rechtsanspruch vor dem 01.01.1987 entstanden ist, besteht ein zeitlich unbegrenztes Passivierungswahlrecht.
Bei
mittelbaren Verpflichtungen besteht ein
Passivierungswahlrecht, keine Pflicht. Wird von dem Wahlrecht kein Gebrauch gemacht, ist das in einem Bericht im Anhang anzugeben. Nach HGB stellen Beiträge für mittelbare Pensionsverpflichtungen zahlungswirksame Aufwendungen in der Periode dar, in der die Prämien vom Unternehmen an die zwischengeschaltete Versorgungseinrichtung bezahlt werden. Pensionsrückstellungen sind in der Bilanz unter den ungewissen Verbindlichkeiten als „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“ zu passivieren.
Steuerbilanz:
Das Steuerrecht orientiert sich am Handelsrecht, wonach Pensionsverpflichtungen ebenfalls zu passivieren sind. Da Pensionsrückstellungen meist einen hohen Wert haben, ergeben sich weitere Folgen. Beispielsweise verschlechtert sich meist die
Eigenkapitalquote, da Rückstellungen zum Fremdkapital gehören. Eine Verschlechterung der Eigenkapitalquote hat u.U. negative Folgen für das Rating, die Kreditwürdigkeit oder die Unternehmensbewertung. Außerdem sinkt der Unternehmensgewinn und damit die Ertragssteuer. Und Pensionsverpflichtungen haben tendenziell negativen Einfluss auf den Unternehmenswert, was ggf. bei einem geplanten Verkauf oder einer Übernahme von Bedeutung ist.
Berechnung der Pensionsrückstellungen
In welcher Höhe Pensionsrückstellungen gebildet werden können, dazu gibt es im Handelsrecht lediglich den Verweis darauf, dass ein „in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags“ angesetzt werden darf. Daher werden zur Bewertung von Pensionsrückstellungen meist
versicherungsmathematische Berechnungsmodelle eingesetzt, in die statistische Größen und Wahrscheinlichkeiten einfließen.
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Damit soll erreicht werden, dass man zu einem realistischen und nachvollziehbarem Wert für die Rückstellungsbildung gelangt. Basis für den Ansatz in Handels- und Steuerbilanz ist der
Barwert der Pensionsrückzahlungen zum Zeitpunkt der Berechnung, der anschließend die Basis für die Steuer- wie die Handelsbilanz darstellt. Grundlage sind die sogenannten Heubeck-Richttafeln, die 1947 vom Kölner Versicherungsmathematiker Georg Heubeck entwickelt wurden. Wesentliche Grundlage sind die Sterbetafeln, mit denen berechnet wird, dass ein Anspruchsberechtigter in einem bestimmten Jahr stirbt (z.B. Rechengrößen - Heubeck AG, Lebenserwartung, Sterbetafel - Statistisches Bundesamt (destatis.de)).
Seit der Umsetzung des
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) müssen handelsrechtlich auch
künftige Anwartschaften und Rentensteigerungen in die Bewertung mit einbezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass möglichst keine pauschalen Zuschläge angesetzt, sondern auf Dokumente oder Regelungen zurückgegriffen werden sollte, z.B. Tarifabschlüsse oder -verträge. Steuerrechtlich findet diese Regelung keine Berücksichtigung.
Da die Berechnung der Höhe der Pensionsrückstellungen komplex ist, werden zur Festlegung der Höhe der Rückstellungen
versicherungsmathematische Gutachten erstellt. Das auch vor dem Hintergrund, dass Pensionsrückstellungen von der Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen besonders sorgfältig „durchleuchtet“ werden.
Wichtig: Bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen ist der Erfüllungsbetrag anzusetzen. Das ist der Betrag, der zur Begleichung einer Verbindlichkeit zukünftig voraussichtlich zu entrichten ist, inkl. zu erwartender Lohn-, Preis- und Kostensteigerungen. Auch der Rententrend muss mit einbezogen werden. In der Steuerbilanz dürfen mögliche Steigerungen nicht angesetzt werden.
Abzinsung:
Rückstellungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr müssen abgezinst, diskontiert, werden.
Die Abzinsung in der Handelsbilanz ist in § 253 HGB Abs. 2 geregelt. Demnach müssen „Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre abgezinst werden.“ Dieser Zinssatz wird monatlich von der Deutschen Bundesbank festgelegt (
Abzinsungszinssätze gemäß § 253 Abs. 2 HGB, 10-Jahresdurchschnitt | Deutsche Bundesbank). Außerdem wird eine zweite Berechnung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten sieben Jahre vorgenommen. Der sich daraus ergebende Unterschiedsbetrag ist für Ausschüttungen gesperrt. Er ist im Anhang oder der Bilanz auszuweisen.
In der Steuerbilanz erfolgt das über die Annahme einer 15-jährigen Laufzeit. Die Höhe des Zinssatzes ist in § 6a Abs. 3, Nr. 3 EstG geregelt („Bei der Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung sind ein
Rechnungszinsfuß von 6 Prozent und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden.“).
Latente Steuern:
Durch die unterschiedlichen Ansätze und Bilanzierungsregeln der Pensionsrückstellungen in Handels- und Steuerbilanz können sich Unterschiede in der Berechnung der abzuführenden Steuern und bei der Bilanzerstellung ergeben. Der Steueraufwand, der in der Handelsbilanz entsteht, wird als „fiktiver“ Steueraufwand bezeichnet, der Steueraufwand aus der Steuerbilanz als „effektiv“, weil er an das Finanzamt abgeführt werden muss. Um die Unterschiede auszugleichen, gibt es die latenten Steuern. Ist der Gewinn in der Handelsbilanz höher als der der Steuerbilanz, entstehen passive latente Steuern und umgekehrt.
Deckungsvermögen:
Hat ein Unternehmen Vermögen, das nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB ausschließlich zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen dient (so genanntes Deckungsvermögen, etwa Vermögen von Unterstützungs- oder Pensionskassen, Rückdeckungsversicherungen), wird es mit den Pensionsrückstellungen saldiert. Damit muss nur die Differenz bilanziert werden. Das Deckungsvermögen ist nach § 253 Abs. 1 S. 4 HGB mit dem Zeitwert zu bilanzieren.
Auflösung der Rückstellungen:
Pensionsrückstellungen sind aufzulösen, wenn eine Anspruchsberechtigung entsteht, etwa, wenn ein Mitarbeiter in Rente geht. Dann erfolgt eine Teilauflösung ab der ersten Auszahlung der Pension oder Rente. Vollständig aufgelöst werden muss die Rücklage, wenn ein Mitarbeiter verstirbt.
Welche wichtigen Gesetze und Vorschriften gibt es?
Handelsrechtlich ist die Passivierung von Rückstellungen in
§ 249 Abs. 1 HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt. Das Steuerrecht verweist in § 5 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) grundsätzlich auf die handelsrechtlichen Normen. Die Bewertung erfolgt handelsrechtlich u.a. nach
§ 253 Abs. 1, Nr. 1 HGB. Zudem muss
§ 6a Abs. 1 bis 5 EstG beachtet werden. Allgemeine Erläuterungen finden sich z.B. in den EStR (Einkommensteuer-Richtlinien), u.a. R 41.
Zum Thema Pensionsrückstellungen gibt es zudem eine Vielzahl von
Einzelverfügungen und -regelungen sowie Anweisungen seitens der Finanzverwaltung sowie eine Fülle von zum Teil höchstrichterlichen Urteilen (Bundesfinanzhof (BFH)). Nicht zuletzt sind zusätzlich ggf. Vorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) sowie der internationalen Rechnungslegungsstandards (
IFRS) zu berücksichtigen. Es ist also erforderlich, laufend die Rechtsprechung zu verfolgen, um alle aktuellen Anforderungen erfüllen zu können
Wie werden Pensionsrückstellungen gebucht?
Bei Pensionsrückstellungen handelt es sich um Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, die Unternehmen über das Konto „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen“ buchen müssen (ggf. sind je nach genutztem Kontenrahmen geringfügig andere Bezeichnungen möglich).
Buchung bei erstmaliger Bildung bzw. Erhöhung von Pensionsrückstellungen
Bei erstmaliger Bildung einer Pensionsrückstellung oder deren Erhöhung gilt grundsätzlich folgender Buchungssatz:
Aufwendungen für Altersversorgung an Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen
Es sind ggf. Unterschiede bei der Kontenwahl möglich, je nachdem, wer die Pensionszusage erhält bzw. welcher Sachverhalt zutrifft. Beispielsweise kommen Kontobezeichnungen wie „Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen gegenüber Gesellschaftern oder nahestehenden Personen (x% Beteiligungen am Kapital, abhängig davon, mit welchem Anteil ein Gesellschafter am Unternehmen beteiligt ist), Rückstellungen für Direktzusagen oder Rückstellungen für pensionsartige Verpflichtungen in Betracht.
letzte Änderung J.E.
am 17.07.2024
Autor(en):
Jörgen Erichsen
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Autor:in
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Herr Jörgen Erichsen
Jörgen Erichsen ist selbstständiger Unternehmensberater. Davor hat er in leitenden Funktionen in Konzernen gearbeitet, u.a. bei Johnson & Johnson und Deutscher Telekom. Er ist Autor von Fachbüchern und -artikeln rund um Rechnungswesen und Controlling. Außerdem ist er als Referent zu diesen Themen für verschiedene Träger tätig. Beim Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) leitet Jörgen Erichsen den Arbeitskreis Controlling.
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