Den strengen Auflagen des Gewerbeamtes entgehen und keine
Gewerbesteuer zahlen zu müssen – welcher selbstständig Tätige wäre nicht von dieser Situation begeistert. Als Freiberufler kommt man in den Genuss dieser Freiheiten, doch welche Tätigkeiten fallen unter diese Gruppe und wo verläuft die Grenze zur Gewerblichkeit?
Selbstständig zu sein, bedeutet nicht nur ein Mehr an persönlichen und beruflichen Freiheiten, sondern auch zusätzliche Verantwortung und Verpflichtungen gegenüber Ämtern und Behörden. Die Art der ausgeübten Tätigkeit spielt dabei eine große Rolle, denn selbstständig ist nicht gleich selbstständig. Grundsätzlich wird in Abhängigkeit der ausgeübten Tätigkeit in zwei Gruppen unterschieden:
Gewerbetreibende und
Freiberufler. Zwischen diesen Gruppen gibt es vielfältige rechtliche und steuerliche Unterschiede – z.B. in welchen Ämtern die Tätigkeit angemeldet werden muss, ob sie gewerbesteuerpflichtig ist, wie hoch die steuerliche Belastung ist und wie die Gewinnermittlung erfolgt?
Rein definitorisch bezeichnen freie Berufe die Tätigkeiten, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Somit sind diese Berufe auch nicht der Gewerbeaufsicht unterstellt und bleiben von der
Gewerbesteuer verschont. Die Gewerbeanmeldung entfällt. Dies hört sich im ersten Moment sehr vorteilhaft an, allerdings unterliegen bestimmte Berufsgruppen der Aufsicht spezieller Verbände und Kammern – verbunden mit eigenen Regeln und Verpflichtungen. So besteht für einige Freiberufler, wie etwa Rechtsanwälte ein grundsätzliches
Werbeverbot. Doch welche Tätigkeiten sind als freiberuflich einzuordnen und wo verläuft die Trennlinie zur Gewerblichkeit?
Einen verbindlichen Hinweis liefert das
Partnerschaftsgesetz: „Die freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikationen oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“ Das deutsche
Bundesverfassungsgericht präzisiert diese Ausführungen durch verschiedene Rechtssprechungen. Demnach sind für Freiberufler kennzeichnend, dass sie zumeist über eine besondere berufliche Qualifikation/Ausbildung verfügen. Sie erbringen vorwiegend Dienstleistungen, die eine höhere Bildung erfordern und besitzen dabei die volle fachliche Entscheidungsfreiheit. Sie verantworten insbesondere auch persönlich die Qualität ihrer Leistungen.
Viele Selbstständige werden nun meinen, dass diese Identifikationsmerkmale auch durchaus auf ihre eigene Tätigkeit zutreffen, obwohl sie immer fleißig ihre Gewerbesteuer abführen. Um hier entsprechenden Diskussionen und Streitigkeiten vorzubeugen, hat der Gesetzgeber an anderer Stelle Tätigkeitsgruppen definiert und aufgelistet. Einschlägig sind hier die sogenannten Katalogberufe, die im
Einkommensteuergesetz zu finden sind:
- Heilberufe,
- rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe,
- naturwissenschaftliche und technische Berufe,
- sprach- und informationsvermittelnde Berufe sowie
- die selbstständig ausgeübte Tätigkeit als Diplom-Psychologe, Heilmasseur, Hebamme und
- hauptberuflicher Sachverständiger.
Auch Katalogberufen ähnliche Berufe sind als freiberuflich einzustufen. Hier müssen Ausbildung und berufliche Tätigkeit mit einem Katalogberuf vergleichbar sein. Ergänzt wird diese Aufzählung durch so genannte
Tätigkeitsberufe. Es handelt sich dabei um die selbstständige Ausübung freier wissenschaftlicher, künstlerischer (Kunstgewerbe, Kunsthandwerk), unterrichtender, erzieherischer und schriftstellerischer Tätigkeiten höherer Art. Diese Umschreibung lässt sicherlich viel Raum für Interpretationen. Ob und in wie weit die eigene Tätigkeit hierunter einzuordnen ist meist nur durch
Einzelfallprüfung zu klären. Wer sich hier an der Grenze bewegt, sollte im eigenen Interesse beispielsweise einen
Steuerberater zu Rate ziehen und gemeinsam die angestrebten Tätigkeitsinhalte analysieren. Die frühzeitige Klärung der Fragen „Was darf ich?“ und „Was habe ich dabei zu beachten?“ gibt Sicherheit und vermeidet späteren Ärger.
Quelle:
Grieger Mallison Steuerberatungsgesellschaft mbH
letzte Änderung Mathias Kahlke
am 20.07.2024
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