Der Begriff der "
Entkonsolidierung im Konzern" bezeichnet das buchungstechnische Verfahren auf Konzernebene, welches anzuwenden und durchzuführen ist, um ein Konzernunternehmen, das bisher konsolidiert wurde, aus dem
Konzernabschluss auszubuchen.
Es gilt der Grundsatz: Nur was vorher eingebucht wird, kann auch danach ausgebucht werden!
Damit soll Rechnung getragen werden, dass viele meinen, wenn ein TU im Laufe des Jahres verkauft worden ist, dass diese verkaufte Gesellschaft im
Konzernabschluss zum 31.12 überhaupt nicht mehr beachtet (hochgeladen) werden muss. Das ist falsch. Diese Gesellschaft wird nach dem Verkauf in den Konzernabschluss erneut mit der
Schlussbilanz eingeladen um es danach richtig und vollständig wieder auszubuchen!
Scheidet ein Tochterunternehmen (TU) aus dem Konsolidierungskreis durch Verkauf, Verschmelzung oder Liquidation aus, ist eine
Entkonsolidierung durchzuführen. Die Entkonsolidierung ist eines der kompliziertesten Buchungen im Konzernrechnungswesen.
Endkonsolidierungszeitpunkt nach HGB:
- Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile am TU
- Zeitpunkt des Übergangs der Stimmrechte an der TU
Der Verkaufs- oder Liquidationsvorgang wird bei der
Muttergesellschaft dergestalt abgebildet, als das dort die Beteiligung an dem Tochterunternehmen vollständig ausgebucht und stattdessen der Betrag an zugeflossenen Barmittel aus der Auskehrung oder durch den Verkaufserlös, korrespondierend mit sonstigem betrieblichem
Ertrag/
Aufwand eingebucht wird.
Beispiel:
Die MU hat einen Beteiligungsansatz von 9.000 GE in
Ihren Büchern. Die TU wird zum 31.12.2022 für
GE 10.000 an einen fremden Dritten veräußert.
Buchungen in der MU bei Abgang der TU
Aus Konzernsicht ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Aus Konzernsicht wurde zum damaligen Zeitpunkt durch die Erstkonsolidierung und der
Kapitalkonsolidierung der Beteiligungsansatz bei der MU gegen die dahinter stehenden
Vermögenswerte, einschließlich eines Goodwill, und Schulden der TU ersetzt.
Aus Sicht der
Konzernrechnungslegung scheidet deswegen im Zuge des Verkaufs/Merger/Liquidation des Tochterunternehmens TU nicht die Beteiligung als „One-Liner“ aus, sondern es ist zu ermitteln, welche
Vermögenswerte, Schulden und ein Goodwill im Zuge des Abgangs aus dem Konzernabschluss der MU auszubuchen sind. Also ein komplett anderer Ansatz. Der Verkaufserfolg der MU aus dem Abgang der TU (hier 1.000 GE) wird auf Konzernebene eliminiert und durch den Entkonsolidierungs-Erfolg ersetzt.
Ermittlung des Entkonsolidierungs-Erfolgs
Während ein Erfolg aus Einzelabschlusssicht der MU als Differenz zwischen dem
Veräußerungserlös und dem abgehenden Beteiligungsbuchwert ermittelt wird (siehe oben), ergibt sich aus Konzernsicht der Veräußerungserfolg aus der Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses und dem konzernbilanziell abgehenden
Nettovermögen (sämtliche Aktiva- Passiva) zu diesem Zeitpunkt.
Unterschiede aus Einzelabschluss- und Konzernabschlusssicht ergeben sich, weil der
Beteiligungsbuchwert an Tochterunternehmen TU regelmäßig in der
Bilanz der MU „at cost“ bilanziert wird. Im Konzernabschluss werden stattdessen alle seitens des Tochterunternehmens TU während der Konzernzugehörigkeit
Aktiva und
Passiva fortgeführt. Die dadurch entstehenden
Periodisierungsunterschiede führen zur Abweichung der Erfolgsbeiträge aus Einzelabschlusssicht und Konzernabschlusssicht. Aus Konzernsicht errechnet sich der Endkonsolidierungserfolg aus der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem Konzernanteil des ermittelten Abgangswerts (Aktiva-Passiva für das TU) zum Zeitpunkt des Control-Verlusts, also Liquidation, Verschmelzung oder Verkauf.
Die Entkonsolidierung soll an folgendem Beispiel veranschaulicht werden:
Die MU erwirbt zum 31.12.2019 (Control-Erlangung) die TU für AK i.H. von 9.000 GE.
Die TU hatte zu diesem Zeitpunkt folgende Übertragungsbilanz:
DTL = Deferred Tax Liability
IWG = Immaterielle Wirtschaftsgüter
OCI = Other comprehensive Income
Bei erstmaliger Einbeziehung ist eine ppa durchzuführen, um den Goodwill zu errechnen. Diese unterschiedlichen Bewertungen werden auf Konzernebene gebucht. In unserem Beispiel hat die TU stille Reserven bei den
Sachanlagen (500 GE), bei den
Wertpapieren (300 GE), die
Verbindlichkeiten wurden um 200 GE herabgesetzt durch eine andere DCF-Methode. Aus diesen Unterschieden ergeben sich latente Steuern (DTL). Es wird ein Steuersatz von 30% unterstellt. Schuldenkonsolidierungen, Zwischenergebniseliminierungen,
Aufwand- und Ertragseliminierungen sollen außer Acht bleiben. Die MU hat während des Bestands der TU im Konzern keine eigene Geschäftstätigkeit.
Im Rahmen der Erstkonsolidierung sind alle erworbenen und identifizierten Vermögenswerte und Schulden des TU – bewertet zu Zeitwerten (fair values) gem. IFRS – in den Konzernabschluss zu übernehmen.
Durch die Umbewertung von Buch- zu Zeitwerten der TU entstehen hier in diesem Beispiel
stille Reserven.
Stille Reserven entstehen durch unterbewertete Vermögenswerte (
Zeitwert >
Buchwert) und überbewertete Schulden (Zeitwert < Buchwert). Ein Differenzbetrag zu den
Anschaffungskosten wird als Goodwill (positiver Unterschiedsbetrag) ausgewiesen (
Aktivierungsgebot).
Zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung ergibt sich demnach folgendes Bild:
MU und TU werden eingeladen. Die Summenbilanz aus MU+TU zeigt sich in Spalte E.
Erstkonsolidierung der TU zum 31.12.2019
Erläuterung der Erstkonsolidierung (Spalte Konso) zum 31.12.2019:
Die stillen Reserven wurden bei den einzelnen Positionen eingebucht. Auf jede Position 30%
latente Steuer gerechnet und in
DTL geparkt. Die Spalte F zeigt die ppa. In Spalte G wird das EK der TU herauskonsolidiert und der Goodwill eingestellt. Spalte H ist die Summe aus Spalte F und G. Spalte I ergibt die
Konzernbilanz mit einer Bilanzsumme i.H. von GE 16.590.
Folgejahr 2020:
Die MU selbst zeigt keinerlei Geschäftstätigkeit, die TU erwirtschaftet ein Ergebnis, auf Konzernebene werden die stillen Reserven fortgeschrieben.
Folgekonsolidierung der TU zum 31.12.2020
MU und TU werden eingeladen. Die Summenbilanz aus MU+TU zeigt sich in Spalte O. Die MU zeigt das gleiche Bild wie zum 31.12.2019, die TU hat einen Geschäftsbetrieb und erwirtschaftet für den Konzern ein Ergebnis i.H. von GE 40.
Wie üblich in der Konsolidierung, werden die Buchungen des Vorjahres wiederholt (Spalte P) und danach die Konzernbuchungen für das laufende Jahr (Spalte Q) gebucht. In Spalte R zeigt sich dann die Konzernbilanz. Die stillen Reserven werden bei den
Sachanlagen mit -10 GE AfA belegt, bei den Wp mit GE -8 umbewertet, die
latenten Steuern auf beide Effekte verringern die DTL. Die Ergebnisauswirkung der Konzernbuchungen beträgt GE -13.
Folgejahr 2021:
Die MU selbst zeigt keinerlei Geschäftstätigkeit, die TU erwirtschaftet ein Ergebnis, auf Konzernebene werden die stillen Reserven fortgeschrieben.
Folgekonsolidierung der TU zum 31.12.2021
MU und TU werden eingeladen. Die Summenbilanz aus MU+TU zeigt sich in Spalte T. Die MU zeigt das gleiche Bild wie zum 31.12.2019 und 2020, die TU hat einen Geschäftsbetrieb und erwirtschaftet für den Konzern ein Ergebnis i.H. von GE 20.
Wie üblich in der Konsolidierung, werden die Buchungen des Vorjahres und des Vor-Vorjahreswiederholt (Spalte U und T) und danach die Konzernbuchungen für das laufende Jahr (Spalte U) gebucht. In Spalte T zeigt sich dann die Konzernbilanz. Die stillen Reserven werden bei den Sachanlagen mit -10 GE
AfA belegt, bei den Wp mit GE -8 umbewertet, die latenten Steuern auf beide Effekte verringern die DTL. Die Ergebnisauswirkung der Konzernbuchungen beträgt GE -13. Der Goodwill wird um 2.000 GE auf Konzernebene abgewertet! Nicht zu vergessen, die Konzerneffekte aus dem Vorjahr zeigen sich dieses Jahr in den
Gewinnrücklagen!
Folgejahr 2022:
Die TU wird zum 31.12.2022 zu GE 10.000 verkauft.
Die MU selbst zeigt keinerlei Geschäftstätigkeit, die TU erwirtschaftet ein Ergebnis, auf Konzernebene werden die stillen Reserven fortgeschrieben.
Folgekonsolidierung und Entkonsolidierung der TU zum 31.12.2022 (Bitte anklicken für Volldarstellung)
MU und TU werden eingeladen. Die Summenbilanz aus MU+TU zeigt sich in Spalte AD. Die MU zeigt das gleiche Bild wie zum 31.12.2019 und 2020 und 2021, die TU hat einen Geschäftsbetrieb in 2022. Die MU zeigt keine Beteiligung mehr an der TU, dafür aber den Geldeingang von 10.000 GE (Spalte AB).
Wie üblich in der Konsolidierung, werden die Buchungen des Vorjahres und des Vor-Vorjahreswiederholt (Spalte AE, AF, AG) und danach die Konzernbuchungen für das laufende Jahr (Spalte AH) gebucht. In Spalte AI zeigt sich dann die Konzernbilanz vor der Ent-Konsolidierung. Die stillen Reserven werden bei den Sachanlagen mit -10 GE AfA belegt, bei den Wp mit GE -8 umbewertet, die latenten Steuern auf beide Effekte verringern die DTL. Die Ergebnisauswirkung der Konzernbuchungen beträgt GE -13. Nicht zu vergessen, die Konzerneffekte aus dem Vorjahr zeigen sich dieses Jahr in den
Gewinnrücklagen! Die Ent-Konsolidierung wird in den Spalten AJ und AK durchgeführt. In Spalte Aj werden sämtliche AKTIVA und PASSIVA aus dem Einzelabschluss der TU Entkonsolidiert, ebenso der
Veräußerungsgewinn GE 1.000 bei der MU. In der Spalte AK werden die KapKons rückgängig gemacht und die stillen Reserven auf Konzernebene ausgebucht. Die Konzernbilanz nach Entkonsolidierung zeigt sich in Spalte AL.
Ermittlung des Ent-Konsolidierungsgewinns in Höhe von 2.961 GE (Die MU zeigt im EA 1.000 GE Gewinn). Für die Ermittlung des Entkonsolidierungserfolges gibt es 2 Möglichkeiten, die beide das gleiche Resultat zeigen müssen.
Variante 1:
Der Entkonsolidierungserfolg ist in Spalte AK zu sehen!
Variante 2:
Die Konzernbilanz in Spalte AL zeigt demnach nur noch die
Wirtschaftsgüter der MU. Im Ek des Konzerns stehen weiterhin die EK-Bestandteile der MU zuzüglich der Ergebnisse aus der Konzernzugehörigkeit der TU. Die Aktiva und Passiva der TU sind nicht mehr zu sehen.
Die Konzerngewinnrücklagen zeigen GE 965 und leiten sich wie folgt ab:
Das laufende Ergebnis im Konzern beträgt für den 31.12.2022 GE 2.965 und leitet sich wie folgt ab:
Damit ist die Entkonsolidierung abgeschlossen.
letzte Änderung P.J.
am 29.07.2024
Autor(en):
Patrick Jane
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Moritz_Link
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