Wie kann eine Buchhaltung völlig aus dem Ruder laufen? Warum versagen bisherige Kontrollmechanismen? Warum fällt einem Geschäftsführer nicht auf, wenn ordnungsgemäße Buchhaltung nicht mehr stattfindet? Und was kann man tun, um
Buchhaltungs-Chaos zu beseitigen? Ein
Bilanzbuchhalter berichtet aus seiner Praxis.
12 Gründe – Wie das Buchhaltungs-Chaos beginnt
- Alleinbuchhalter wird krank, arbeitet aber weiter!
- Geschäftsführer muss sich um wichtigere Dinge wie den Vertrieb kümmern, hat keine Zeit zum Kontrollieren!
- Controlling findet kaum statt. Die Konzerngesellschaft lässt sich mit einfachen Antworten abspeisen!
- Abstimmung findet einmal im Quartal statt. Der Alleinbuchhalter erweckt durch Umbuchungen auf Verrechnungskonten den Eindruck, Salden wie der Banksaldo seien abgestimmt!
- Mahnungen werden direkt und ungeprüft bezahlt, um Ruhe zu haben. Auch ohne zugehörige Rechnung!
- Die Verrechnungskonten gleichen einem Schlachtfeld: es fehlen sinnvolle Buchungstexte, oftmals wird storniert und neu gebucht oder zwischen den Konten hin- und her gebucht!
- Offene Kundenrechnungen werden mit Zahlungseingängen so weit wie möglich ausgeglichen, um Liefersperren zu verhindern. Dies ist die einzige Aufgabe, die noch einigermaßen funktioniert! Ein Mahnwesen findet nur noch statt, falls automatische Liefersperren vergeben werden.
- Kontierungen und Buchungsnummern werden grundsätzlich nicht auf den Eingangsrechnungen oder Kontoauszügen vermerkt. Man begnügt sich mit unzähligen Ausdrucken!
- Auf den Kreditorenkonten wird nur noch wenig gebucht. Zahlungsausgänge ohne Rechnung gehen gegen "Durchlaufende Posten"! Oder direkt gegen die Kosten, oft auch ohne Beleg!
- Ablage findet fast nicht mehr statt! Zahllose Stapel verhindern einen näheren Einblick in das angesammelte Chaos!
- Kassenbelege, Reisekosten und Kreditkartenbelege werden nicht gebucht und befinden sich in diversen Stapeln. Vieles wird inzwischen ungeprüft in bar ausgezahlt, meistens ohne Auszahlungsquittung!
- Eine nachvollziehbare Dokumentation findet nicht statt! Das meiste findet nur noch im Kopf des Alleinbuchhalters statt oder ist in seiner "Zettelwirtschaft" irgendwo hin gekritzelt!
Diese Liste ist eine Zusammenfassung von mehreren
Praxisfällen, wo der Buchhaltungsexperte einen völligen Schiffbruch in der Buchhaltung vorgefunden hat. Es waren meistens keine Kleingewerbetreibenden, sondern Vertriebsniederlassungen von internationalen Konzernen, deren hochwertige Produkte wir alle bei uns im Alltag wiederfinden.
Wie hole ich mir Hilfe zur Beseitigung der Chaos-Buchhaltung?
Jetzt sind Klarheit und Offenheit gefragt, die zwei wichtigsten
Skills, um Transparenz zu schaffen und jedem Ansatz von Verwirrung früh entgegenzuwirken. Hilfe bieten kann z.B. ein Steuerberater. Auch spezialisierte Personaldienstleister oder Berufsverbände wie der BVBC Bundesverband Bilanzbuchhalter und Controller e.V. können möglicherweise geeignete Experten nennen. Googlen Sie nach
Erfahrungsberichten und Bewertungen!
Wie motiviere ich den "schuldigen" Buchhalter zur Mitwirkung?
Wenn die Verursacher des vorgefundenen Zustands noch befragt werden können, ist Fingerspitzengefühl gefragt! Urteilen Sie nicht voreilig und vermeiden Sie Schuldzuweisungen. Bei Krankheit oder fehlenden
Fachkenntnissen, verbunden mit Druck reagiert ein Sachbearbeiter möglicherweise, indem er "nur noch"
Stressfaktoren beseitigt. Ein offenes Gespräch zu suchen wäre damals angebracht gewesen, aber Versäumnisse kann man nicht ungeschehen machen. Allerdings kann es vorkommen, dass die Befragten keine klaren Antworten geben können oder wollen. Halten Sie sich nicht zu lange auf, wenn hier Fleißarbeit gefragt ist!
3 Lösungsschritte - Sofortmaßnahmen gegen das Buchhaltungschaos
TOP 1: Bestandsaufnahme
Wenn "Land unter!" herrscht, dann sollte der Zustand zunächst "festgefroren" werden. Bis zur (Wieder-) Herstellung einer
ordnungsgemäßen Buchhaltung empfiehlt sich, die Spuren chaotischer und hektischer Arbeit möglichst sorgfältig und akribisch offen zu legen und sofern möglich im vorgefundenen Zustand zu belassen.
TOP 2: Stapelabbau
Die Stapel werden selbstverständlich sortiert und abgebaut. Auf das sonst
ratsame Entsorgen von
Redundanzen (Mehrfachkopien insbesondere!) sollte verzichtet werden. Außerdem darf eine Rechnung aus mehreren Bestandteilen bestehen. Es kann also durchaus notwendig sein, aus einer einfachen Rechnung, einen "Vorgang" zu kreieren und alles zusammen zu tackern: Rechnung, Mahnung, Überweisungsbeleg, abgezeichnete Kopie, Lieferschein, Emailkorrespondenz.
Bewährt hat sich das Vorsortieren der Papiere in einer
Registermappe (10 Kategorien wie z.B. Eingangsrechnungen, Reisekosten, Kassenbelege, Kreditkartenbelege, Steuern, Personal, Kundenkorrespondenz, Zahlungsverkehr/ Bank, Emailausdrucke, Mahnungen).
TOP 3: Checkliste oder To-Do-Liste
Wie könnte eine
Checkliste aussehen, die man zum schrittweisen Abbau der Probleme benötigt? Es gibt sicherlich kein Patentrezept, aber die eigene Bestandsaufnahme wird den Beteiligten schnell Klarheit verschaffen über die zu bewältigenden Aufgaben! In einem weiteren Artikel im Rechnungswesen-Portal berichtet der Autor, welche Schritte dazu notwendig sind.
Abschließende Anmerkung: Die Angaben wurden sorgfältig recherchiert. Für Hinweise auf Fehler ist der Autor dankbar. Selbstverständlich gibt es nicht die "einzig richtige" Vorgehensweise. Dieser Artikel benennt lediglich einen praxiserprobten Weg.
Quelle:
© September2014 www.modulare-buchhaltung.net
letzte Änderung R.B.
am 08.05.2024
Autor(en):
Rüdiger Böttcher
Bild:
Rüdiger Böttcher
|
Autor:in
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Herr Rüdiger Böttcher
Rüdiger Böttcher ist geprüfter Bilanzbuchhalter IHK, Mitglied im Bundesverband Bilanzbuchhalter und Controller e.V. und BVBC.Xpert-Netzwerk. Er bietet sein Expertenwissen als Dozent und Dienstleister vor Ort an. Sein Angebot: "Modulare Buchhaltung": http://www.modulare-buchhaltung.net,
E-Mail: modulare-buchhaltung(AT)mail(DOT)de
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