In der modernen Wirtschaftswelt reicht es in der Regel nicht aus, dass mit dem Jahresabschluss alle zwölf Monate wichtige Daten über ein Unternehmen vorliegen. Für eine effiziente Unternehmenssteuerung sind auch unterjährig aktuelle Zahlen zu Umsätzen, Erträgen, Kosten u. a. notwendig. Diese liefert heute meist die
betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), die auch bei der Beantragung von Krediten oder bei der Gewinnung von Geschäftspartnern wichtig werden kann.
Hintergrund und Bedeutung der BWA
Die
Geschichte der BWA ist eng mit der Digitalisierung der Buchhaltung verbunden. Bereits im Februar 1969 stellte die drei Jahre zuvor gegründete Firma DATEV die erste BWA vor. Sie ist als „Standard-BWA“ (BWA 01) bis heute die meistverwendete BWA, da sie auf alle Branchen und Unternehmensformen angewendet werden kann. Mittlerweile haben alle Anbieter von
Buchhaltungssoftware eine BWA in ihren Programmen.
Die
BWA beruht auf den Daten einer doppelten Buchführung nach den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB). Zu einer solchen Buchführung sind steuerrechtlich alle Unternehmen verpflichtet, die einen Umsatz von mehr als 600.000 € pro Kalenderjahr erzielen (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 AO – Abgabenordnung). Zur Aufstellung einer BWA gibt es keine gesetzliche Pflicht, doch wird sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht allgemein empfohlen. Unter Umständen kann sie auch für kleinere Unternehmen und Freiberufler, die nicht buchführungspflichtig sind, in Form einer Einnahmen-Ausgaben-BWA sinnvoll sein.
Die größte Bedeutung hat die BWA für die Unternehmensführung. Meistens wird die BWA
monatlich erstellt, manchmal auch nur vierteljährlich, sodass aktuelle Zahlen z. B. zeigen, dass die Kosten sich erhöhen, die Umsätze aber stagnieren. So ist die Unternehmensleitung frühzeitig über eine solche (Fehl-)Entwicklung informiert und kann rasch gegensteuern.
Doch BWAs sind auch bei anderen Tätigkeiten sinnvoll. Wenn ein Unternehmen z. B. Ende Februar bei einer
Bank einen Kredit beantragt, der
Jahresabschluss des Vorjahres noch nicht fertig ist und das Unternehmen keine BWAs erstellt, könnte es Probleme geben: Denn die letzten Unternehmenszahlen stammen vom Jahresabschluss des Vorvorjahres und sind damit zum Zeitpunkt des Kreditantrags mindestens 14 Monate alt. Kaum eine Bank möchte auf der Basis so inaktueller Daten einen Kredit vergeben. Ähnlich verhält es sich bei der Anbahnung einer Geschäftspartnerschaft, etwa mit einem Lieferanten.
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Formen und Bestandteile der BWA
Neben der Standard-BWA sind im Laufe der Zeit immer mehr spezielle BWAs entsprechend der Standardkontenrahmen entstanden. So steht bei der DATEV die BWA 04 für den
Controlling-Report, die BWA 05 für das Gesamtkostenverfahren und die BWA 06 für das Umsatzkostenverfahren. Die bereits erwähnte Einnahmen-Ausgaben-BWA trägt die Nummer 43 und die BWA 51 ist als Kapitalflussrechnungs-BWA vor allem für die Beantragung von Bankkrediten wichtig. Des Weiteren gibt es BWAs für bestimmte Berufsgruppen, etwa für Ärzte (BWA 02), Handwerker (BWA 20) oder Rechtsanwälte (BWA 44).
Zu den wichtigsten
Bestandteilen aller BWAs zählen
- die kurzfristige Erfolgsrechnung,
- die Bewegungsbilanz und
- die Liquiditätsbilanz.
Die
kurzfristige Erfolgsrechnung entspricht weitgehend der Gewinn- und Verlustrechnung im Jahresabschluss, je nachdem, wie viele Daten in die BWA eingehen (siehe nächsten Abschnitt). Wichtige Daten sind u. a.:
- Gesamtleistung: Umsatzerlöse (und Bestandsveränderungen, beim Gesamtkostenverfahren)
- Rohertrag: Gesamtleistung abzüglich Rohstoffe und Fremdleistungen
- Sonstige betriebliche Erlöse: z. B. aus privater Nutzung von Firmeneigentum, aus dem Verkauf von Inventar
- Betrieblicher Rohertrag: Rohertrag zuzüglich sonstiger betrieblicher Erlöse
- Kosten, aufgeteilt nach Arten: Personalkosten, Gebäude-/Raumnutzungskosten, Abschreibungen usw.
- Betriebsergebnis: Ergebnis ohne Steuern und Zinsen
Die
Bewegungsbilanz ermittelt für den Zeitraum zwischen zwei Stichtagen, woher die Geldmittel des Unternehmens kamen und wie sie verwendet worden sind. Wichtige Daten sind:
- Anlagevermögen
- Umlaufvermögen
- Bankkonto und Kasse
- Forderungen
- Verbindlichkeiten
- Kredite
- Rückstellungen
- Einlagen
- Vorläufiges Ergebnis
Trotz Gewinnen kann es sein, dass ein Unternehmen knapp bei Kasse ist. Die Gründe dafür können aus der BWA zur Liquidität abgeleitet werden. Wichtige Daten sind:
- Bankkonto und Kasse
- Kurzfristige Forderungen
- Kurzfristige Verbindlichkeiten
- Umlaufvermögen, insbesondere Aufträge, die gerade abgearbeitet werden
- Vergleich mit dem Vorjahr oder mit anderen Jahren
Erstellen einer BWA
Steuerbüros bieten in der Regel an, BWAs für ihre Kunden zu erstellen und zu analysieren. Wer eine moderne Buchhaltungssoftware verwendet, kann üblicherweise eine
BWA mit wenigen Klicks erstellen. Für Gründer oder Kleinunternehmer gibt es im Internet – oft sogar kostenlos –
Vorlagen für Excel-Tabellen, mit denen eine BWA angefertigt werden kann; hier müssen jedoch sämtliche Unternehmensdaten extra eingetragen werden, was das Verfahren deutlich aufwendiger macht als das Erstellen aus der Buchhaltungssoftware heraus.
Für alle diese Formen des Erstellens einer BWA gilt: Die BWA ist umso aussagekräftiger, je mehr Daten in sie eingeflossen sind. Wird z. B. in einem Unternehmen nur einmal im Jahr Inventur gemacht und werden die Bestandsdaten nicht nachgehalten, ja nicht einmal für einzelne Monate geschätzt, dann fehlen in der BWA aktuelle Daten zu den Beständen. Gleiches gilt für Abschreibungen, die nur einmal jährlich vorgenommen werden. Um eine realistische BWA zu erhalten, sollten solche
Daten auf die einzelnen Monate aufgeteilt werden.
Dementsprechend sind für eine aussagekräftige BWA wichtig:
- Erfassung sämtlicher Ein- und Ausgangsrechnungen
- Aufteilung einmaliger Zahlungen, z. B. Jahresbeiträge für Versicherungen, auf die Monate
- Aufteilung jährlicher Abschreibungsbeträge auf die Monate
- Nachhalten der Bestände an fertigen und halbfertigen Produkten, idealerweise mit einem Warenwirtschaftssystem
- Monatliche Erfassung der Zinsaufwendungen für Kredite
- Erfassung uneinbringlicher Forderungen, z. B. bei Insolvenz des Kunden
Lesen und Auswerten einer BWA
Das
Lesen und Auswerten einer BWA lässt sich am besten an einem Beispiel erläutern: Die Winterlicht GmbH hat im April 2024 einen Umsatz von 250.000 € erzielt. Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über Erträge und Kosten.
Abb. Beispiel einer BWA
Die Darstellung ist vereinfacht: Die aktivierten Eigenleistungen wurden weggelassen, die
Kostenarten auf drei begrenzt, die neutralen Aufwände und Erträge in einer Zeile zusammengefasst. In der Regel wird die Tabelle rechts ergänzt durch fünf weitere Spalten, die den Spalten 2 bis 6 entsprechen, nur dass in der ersten der weiteren Spalten „Januar bis April 2024 (in €)“ steht, in dieser Spalte also die kumulierten Werte der ersten vier Monate des Jahres 2024 aufgeführt sind.
Am
Beispiel der Gesamtkosten wird die Tabelle wie folgt gelesen: Die Gesamtkosten von 78.000 € machen 31,08 % der Gesamtleistung aus und natürlich 100 % der Gesamtkosten (die 100%-Felder sind grau unterlegt). Zudem sind die Gesamtkosten 130 % der Personalkosten. Der Aufschlag (letzte Spalte) gibt an, wie viel das Unternehmen auf die eingekauften Rohstoffe und Waren aufgeschlagen hat, um zum Verkaufspreis zu gelangen. Zudem kann man sehen, dass die Winterlicht GmbH im April 2024 sehr rentabel gewirtschaftet hat, denn das vorläufige Ergebnis von 73.500 € entspricht 29,28 % der Gesamtleistung.
Diese Werte können nun mit anderen Monaten, anderen Jahren und sogar mit anderen Unternehmen derselben Branche verglichen werden. So kann man anhand der
Richtsatzsammlung, die jedes Jahr vom Bundesfinanzministerium erstellt wird, z. B. ersehen, wie hoch der Rohgewinn und der Reingewinn in Prozent des Umsatzes in bestimmten Umsatzklassen der entsprechenden Branche typischerweise ist. So kann die Unternehmensleitung herausfinden, wie ihre Firma sich in den vergangenen Monaten und Jahren entwickelt hat und wie sie im Branchenvergleich dasteht.
In ähnlicher Weise werden die
Bewegungs- und die Liquiditätsbilanz ausgewertet. Aus einer BWA lassen sich auch sehr einfach Kennzahlen ableiten, z. B. die
Umsatzrendite, indem das Betriebsergebnis durch die Umsatzerlöse geteilt werden und das Ganze mal 100 gerechnet wird. Die Zahlen und Kennzahlen geben Auskunft über mögliche Fehlentwicklungen und Optimierungsmöglichkeiten, sodass die BWA ein wichtiges Instrument für das Controlling darstellt.
letzte Änderung S.P.
am 23.01.2024
Autor(en):
Stefan Parsch
Bild:
Bildagentur PantherMedia / Yuri Arcurs
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Autor:in
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Herr Stefan Parsch
Stefan Parsch ist freier Journalist und Lektor. Er schreibt Fachartikel für die Portale von reimus.NET und Artikel über wissenschaftliche Themen für die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Für den Verein Deutscher Ingenieure lektoriert er technische Richtlinien. Mehr als zwölf Jahre lang war er Pressesprecher der Technischen Hochschule Brandenburg.
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